Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt. Weimar, 3. Juli 1800.
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Noch immer und glänzender schimmert das Bild deiner Geliebten
in meiner Brust, vol Sehnsucht euch beide wiederzusehen, erreichte
ich zwar ein schöneres, aber kein glüklicheres Land; denn
ein Heimweh
zieht mich zu dir und deiner Henriette und meine
ehemaligen Ruhepläze
in unserm Park sind keine mehr für mich.
— Sage das der blauäugigen344,25
sanften Seele, die aber
soviel Energie als Weiblichkeit besizt und bei
deren Gesang man gern die Disharmonien des Lebens vergist.
Wenn
der Herbst seine Nebel über die bleichere Flur zieht
und wir geizig die
laueren Tage, weil sie die lezten sind,
geniessen, dan flieg ich aus
meinem kalten Weimar an euere
heissen Herzen und freue mich auf die344,30
erste Traumnacht
in meines Bruders Hütte und gehe ein in das Haus
deiner Ewiggeliebten, um, im Doppelglanze des Wiederfindens,
die
zwei Vormittage, welche in meiner Seele, wie zwei
Landschafts345,1
gemälde von Claude Lorrain glühen, noch einmal zu erleben und auf
ihre Fortsezung und Wiederholung mich innig zu freuen. — Nim
dieses
Blat nur als Vorrede zu einem längern und küsse die
Geliebte und
vergis nicht, daß deine Briefe mir deine
Abwesenheit ertragen helfen345,5
müssen.
dein
J. P. F. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt. Weimar, 3. Juli 1800. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=III_481
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K (alte Abschrift von fremder Hand): Berlin. 4 S. 8°. *J: Dietmar Nr. 4.
Henriette, Ahlefeldts damalige Geliebte (s. IV. Abt. (Br. an J. P.), III.1, Nr. 84), war die Frau eines Kaufmanns Clausius in Berlin, der später fallierte (wohl nicht identisch mit dem Seidenhändler Christian Friedrich Gottlieb Clausius, in dessen Haus Kleist 1801 verkehrte). In einer Fußnote zu Ahlefeldts Brief an J. P. IV. Abt., III.2, Nr. 402, der sich mit diesem kreuzte, sagt Jean Paul von ihr: Eine Verheirathete in Berlin, des höchsten Lobes werth so wie ihr heiliges Verhältnis zu Ahlefeldt.