Von Jean Paul an Johann Wilhelm Immanuel Heinsius. Hof, 23. Juli 97.
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Ihre Anfrage ist eben so moralisch als vorsichtig und nöthig. Denn
im entgegengesezten Falle hätt’ ich durch eine öffentliche
Erklärung die
2te Auflage dem
Schiksal der 1ten aussezen dürfen, da 1) mit H. Bek-
353,5
man ½ Ld’or für den Bogen
der 2ten Auflage ackordieret war und da
2) die „Teufelspapiere“ nicht blos Wiedertaufe und
Wiedergeburt
sondern auch einen verklärten Leib und Geist
von mir erhalten sollen,
damit sie unter ihre Geschwister
passen. H. Bekman leistete allerdings
das Wenige, was er versprach, nämlich die Zahlung eines ½ Ld’or;
353,10
vergas aber das Dasein derselben Bedingung bei der
2ten Auflage.
Daran ist jezt
nichts gelegen.
Denn mein Plan ist folgender: das Buch erhält ein neues Gepräge
und einen neuen Gehalt — zerfält in 3 oder mehrere Bändgen — viele
Satiren werden in Erzählungen oder in Appendices (wie in den353,15
biographischen Belustigungen) verwandelt — ich thue neue Satiren
hinzu und seze vielleicht die Samlung fort — voran stell’ ich
bei jedem
Bändgen zumal für mein weibliches Publikum neue sentimentalische
Aufsäze etc. —
auf das Titelblat kömt über den alten Titel noch ein
neuer —
ich bringe die Fikzion mit Siebenkäs in dem 2ten B. der
353,20
Blumenstüke ins Spiel und nehme meine zerstreueten Aufsäze
aus der
Monatsschrift für Litteratur und Völkerkunde, aus den
„Erholungen“
etc. hinein.
Aber eine 2te Ausgabe des Hesperus
und des Fixlein, mein Titan
und andre Ursachen machen dieses zur Michaelis Messe
unmöglich und353,25
höchstens für 1 Bändgen zur Ostermesse wahrscheinlich. Für
diese
Arbeit ist das Honorar neuer Aufsäze 4 Ld’or (für einen wie die
Blumenstüke gedrukten Bogen), für umgearbeitete aus den
Teufels
Papieren 3 L.; bei den künftigen
Auflagen ⅔ des Honorars.
Sind Sie anderer Meinung: so können Sie, ohne meinen Wider353,30
spruch, recht gut die „Teufels Papiere“
unverbessert wieder auflegen
und mir ½ Ldor zahlen. Aber meine völlige Umschmelzung aller
satirischen Gipsabgüsse aus meiner Jugend ist eben so gewis als noth
wendig und dan für Sie nachtheilig.
Übrigens trag’ ich gern alles für
H. Bekman zum Verkaufe eines
Verlages bei, durch welchen er so
353,35
wenig gewan als ich selber, obgleich die Teufels
Papiere mich mehr
Zeit und Kräfte kosteten als die Mumien.
Ich danke Ihnen für Ihre Frage und für Ihre Anerbietungen und354,1
für Ihre Versicherungen, und wünsche, daß Sie von meinen oben
schrof hingestelten Säzen keine Auslegung machen, die nicht mit
meinem Danke harmoniert.
N. S. Daher wünscht’ ich, daß Sie sich sogar „die grönländischen
Prozesse“ zedieren liessen, damit alle meine alten Satiren
unter neuen
in Einer Samlung ständen. Das ist aber nur ein
Wunsch, und keine
Bitte und keine Hofnung
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Wilhelm Immanuel Heinsius. Hof, 23. Juli 97. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_667
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Germ. Museum, Nürnberg. 4 S. 8°. B: IV. Abt., II, Nr. 211. A: IV. Abt., II, Nr. 218. 353, 17f. bei jedem Bändgen] nachtr. 18 neue] nachtr. 19 den] aus dem 20 Fikzion] davor gestr. Illusion 30 können] davor gestr. kömt es auf Sie an, sich von H. Bekman das Recht zu kaufen 31 unverbessert] nachtr.
Der Geraer Verleger Wilhelm Heinsius wollte von der Auswahl aus des Teufels Papieren, deren erste Auflage der Verleger Beckmann zu Makulatur gemacht hatte, zur Michaelismesse 1797 eine neue veranstalten und hatte bei Jean Paul angefragt, ob er das Werk nicht zuvor umarbeiten wolle, „so wie Sie es jetzt geschrieben haben würden“. 353, 22 Litteratur und Völkerkunde: vgl. Bd. I, zu Nr. 84. Erholungen: vgl. zu Nr. 277 u. 283.