Von Jean Paul an Ludwig Roentgen. Meiningen, 2. August 1801.
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Vergieb meinem unsäglichen Brief- und Bücher-Schreiben und95,10
Lesen jede Kürze.
Du kanst meinen ersten Brief drucken lassen, aber blos mit deinem
von meiner Frau hier kopierten, als dem Text und Defensor
des
meinigen.
Du hast alle meine Werke; unbedeutende herumirrende
Raupen
95,15
fang ich einmal als Schmetterlinge unter die Glastafel
ein. — Die
Auswahl aus des Teufels Papieren ist nicht mehr im
Buchhandel;
ausser in den Palingenesien und in künftigen Erben derselben.
— Ha-
mans „Kreuzzüge eines Philologen“ und
andere immer nur 1 Bogen
starke Werkgen sind ausser dem gegen Mendelssohns Jerusalem
ge-
95,20
schriebenen Golgatha und
Scheblimini, nicht mehr im Umlauf; aber
Herder oder F. Jacobi, oder in der Noth ich rufen bald einmal
diesen
Riesen aus seiner Höhle. In den ersten Bänden der
Litteraturbriefe
findest du mehrere Briefe von ihm und über ihn.
In Rüksicht der näheren Verleger könt’ ich dich nur an Perthes in
95,25
Hamburg und Wilmans in Bremen verweisen, beide auch
Verleger
eignen Menschenwerths. Ich wolte, du hättest einen närrischen
Titel
gewählt: z. B. Gebetbuch aus Romanen gezogen, oder
thätest es
noch. Das Buch liefe leichter, wie ein Mensch mit
einem Rathstitel.
Du meinst es wie ich glaube, sehr gut mit den Menschen; darum95,30
geh es dir sanft und die Wolken des Lebens mögen dir nur einen
leichten
Sommerschatten geben, der über Ernten fliegt. Da
ich gewis einmal
deinem Nordpol zureise, wo ich noch so viele
Germanismen der alt-
deutschen Tugend finde: so werden wir uns
vielleicht begegnen. Alles96,1
kan so leicht getrent werden auf
dieser irrenden Kugel; und eben darum
auch vereint. Lebe wohl
mit der Deinigen und den Deinigen.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Ludwig Roentgen. Meiningen, 2. August 1801. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_171
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K (nach Nr. 172): Röntgen — *J: Euphorion XXI (1914), S. 583. B: IV. Abt., IV, Nr. 161. 95,13 Kopierten J 24 ihn] ihm J 32 Ernten] so K, Ernte J 35 hasus J
95 , 12–14 Roentgen hatte vorgeschlagen, seinen ersten Brief (an J. P. IV. Abt., IV, Nr. 140) und Jean Pauls Antwort (Nr. 157) im 2. Heft der Rhapsodien statt einer Vorrede abzudrucken, und dazu um eine Kopie des ersteren gebeten. 15ff. R. hatte nach den ihm noch unbekannten Werken Jean Pauls, besonders den Teufels-Papieren, sowie nach den Titeln von Hamanns Schriften gefragt. 23f. Litteraturbriefe VI (1760), 386 und XII (1761/62), 194—209. 25–29 R. suchte einen Verleger für die Fortsetzung der Rhapsodien. Das zweite Heft erhielt den Nebentitel: „Gebetbuch aus Romanen gezogen oder jetzt hat das Buch seinen rechten Namen.“ 1805 erschien eine 2. Auflage in drei Bänden bei Lübeck in Bayreuth.