Von Jean Paul an Emanuel. Meiningen, 3. November 1802.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
An Ihrem Schabbes komt dieser Ein- und Ausspänner an, um an
unserm fortzufahren. Höhn heisset er. Auflade-Geld legt er
aus. Solt
an den 3 Fässern etwas fehlen, so kont’ es in der Eile —
vorgestern189,5
kam ich von Koburg zurük — nicht gemacht
werden, obwohl in Bay-
reuth auf meine Kosten. Heute war
aller Teufel auf der Landes
kirmes. Endlich
wär’ es Zeit zu meinem Bier-conto, nicht zum Zahlen
aber zum Machen. Ich ersuche Sie, wenns nöthig ist, um Bier
Konservazions-Reglements; wiewohl das
vorige sich gehalten bis189,10
künftigen Montag in der Güte,
aber nicht in der Menge. Täglich
nimts verflucht ab.
Nun, Geliebter, ist Zeit zu einem vernünftigen Wort der Antwort.
Mit meinem Tauffest gehts wie mit dem Osterfest, das die
eine
Christensekte um 8 Tage später feiert als die andere.
Denn den 17.
189,15
feierten wir es vor, und den 24. Sie es nach, weil ich
aus Scherz (und
um keinen Genus zu stehlen) um 8 Tage (Sie
sollen hier sehen, daß
ich wahr bin) gelogen habe. s. v. f. (eigentlich s. f. v.)
heisset daher
si fabula vera. Aber euere theilnehmende Freude wohnt und
lebt in
keiner Zeit, sondern in der Ewigkeit des Herzens und
alles Guten. —189,20
Keine Pathin heisset Emma, die leichte Aussprache diktierte den
Namen. — Renate hat über die Erziehung schon jezt Unrecht.
Zur
rechten gehört ein Vernünftiger und eine Vernünftige
zugleich; bei
mir ist beides zu haben. Schon jezt sind über
das Schreien des Kindes
oder dessen Liegenlassen fruchtbare Siege gewonnen, die nur
durch189,25
solche trefliche Eheleute zu erfechten waren.
— Lesen Sie in Gottes
Namen Thieriots Brief, der das
Verfluchte an sich hatte, daß er
mich 67 Kr. Porto kostete. — 1
K[ron] rtl. ist ausgezahlt an unsere
Eleonore
(eine herliche Iris gegen den
vorigen Kloz) und nur 1 an
die sage-femme, die in Rüksicht
ihres Nuzens femme sage ist. Den189,30
2ten könten Sie anders verschenken,
entweder an Lore oder wohin es
sei.
Aber Sie befehlen freilich. — Ihre Briefe werden täglich wiziger,
obwohl für andere Leser täglich nächtlicher oder (denn die
Antithese
ist zu einfältig) schwerer. — Weiter, Guter, weis
ich nichts als das
Wenige was ich für Otto aufhebe und dadurch
für Sie. (Ihre Reise
189,35
nach Berlin schrieb Ernestine her) Haben Sie meinen rechten Dank,
190,1
Alter, oder vielmehr Junger! denn die Jugend allein hat den
schönen
Enthusiasmus, zu thun. Gott geb’ Ihnen immer, was
Sie geben.
Vergeben Sie mir, geliebter Emanuel, daß ich Ihnen heute nur eine gute
Nacht
wünsche, Nun schieb’ ich es nicht lange mehr
auf Ihnen ein Bild unseres jezigen190,5
Lebens und
besonders Ihrer Emma zu geben. In Ihre Arme wünschen wir oft
den kleinen Engel — Sie würden ihn unendlich lieben —
Sie hört schon jezt auf
unsere Stimmen, und richtet
das Auge nach dem Schall — bitten Sie mit uns
für ihre
Erhaltung — Sie haben eine Stimme bei Gott.
Wollen Sie nicht 1 Bout. Bischofessenz, die meiner noch
nicht ge
sunden C. Johannitter Bier ist, mir kaufen?
Leider genos mein seel. Spiz sein privileg[ium] portae nur
kurz190,15
und Petrus machte ihm ein ganz anderes Thor
auf. Er wurde von
einem tollen vor 4 Wochen gebissen. Ich merkte von fernen
die
kommende Wuth und lies ihn noch bei Verstand vor meinen
Augen
erschiessen. — Eben bekam ich einen Nachfahrer wie
ein Wolf gros.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Emanuel. Meiningen, 3. November 1802. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_328
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: SBa. 3¾ S. 8° von Jean Paul, ¾ S. von Karoline. Vermerk Emanuels: 9ten Nov. an Caroline und am 10 beantw. (Beilage: s. Nr. 313.) K (nach Nr. 329): Emanuel — J: Denkw. 1,116× (der hier anschließende Brief Karolinens gehört zu Nr. 331). A: IV. Abt., IV, Nr. 265. 189,3 An Ihrem] aus Am H 6 obwohl bis 7 Kosten] nachtr. H 16 es vor] aus unseres H 17 sollen hier] nachtr. H 23f. bei mir] aus hier H 26 waren] aus sind H 29 gegen den vorigen Kloz] nachtr. H 33 nächtlicher] danach gestr. oder dun[kler] H 35 Wenige] aus wenige H 190,19 ich] darüber von Emanuels Hand er fahrer] darüber von Emanuels Hand läufer K hat am Schluß noch den Satz: Bezahlen mus ich Sie doch, ich mag Sie noch so sehr schäzen und lieben. Vgl. dazu Emanuel an Thieriot, 31. Okt. 1802 (Berlin Varnh.): „Vor einigen Tagen hab’ ich eine Anweisung in lustig kaufmännischer Form, Ordre Caroline auf Richter abgegeben, auf deren Accept- und Honoration ich sehr begierig bin ...“ und 28. Nov. 1802 (Berlin Varnh.): „Richter hat ohne ein einziges Wort zu sagen meine Anweisung accept- und honorirt.“ Vielleicht stand Jean Pauls obiger Satz auf einem besonderen Blatt, das aus irgend einem Grunde nicht in Emanuels Besitz gelangte.
189,24 f. Vgl. Levana § 68—72. 27 Thieriots Brief: nicht erhalten. 190, 13 Die Beilage ist vielleicht erst mit Nr. 331 abgegangen.