Von Jean Paul an Johann Adam Lorenz von Oerthel. Hof, 20. August 1786.
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Ich war auf drei Tage in Schwarzenbach: ich kan dir aber alles erst
erzählen, wenn ich dich sehe. Hier sendet dir der Aktuarius
ein vor-
218,15
trefliches Rezept aus „Nikolais
Kurarten“ zum Quassiapulver, das
Hypochondristen unendlich fruchten sol: Nikolai kan dirs nicht
genug
anloben. Auch der Eichelnkaffee sol vortreflich für dich
sein. Der
Akt[uarius] lässet sich einige Mezen
Eicheln kommen, wovon er
quantum satis an dich gern abgiebt. Wenn du das, was deine
218,20
Begierde nach Eichenlaub verdorben hat, durch
Eichelnkaffee wieder
besser machtest: so thätest du klüger als
ich, der ich mich mit dieser
Antithese befasset. Ferner bietet
dir der Akt[uarius] Schaafgarbe
und Pfeffermünze in grösserer Güte und Menge an als du sie
bisher
bekamest: deinen Klystieringredienzien geselle noch
Eine Drachme Asa 218,25
foetida und
einige Pomeranzenblätter zu, die (selbst nach deinem
Kämpf) so
sehr gut wider deine Krankheit sind. —
Schikke mir die Katalogen vom Bekman herauf; ich brauche sie
sehr, um neue Leser zusammenzuwerben.
Aber lass’ es, ich bitte dich recht sehr, nicht anstehen, sie mir (wenn 218,30
ich nicht morgen mit dem Otto selber komme) morgen zu
schikken, so
wie folgendes:
Ich kan den Kaffee durchaus nicht zu meinen Arbeiten entrathen.
Ein Konvenzionsthaler, den ich mir zu Ende des Frühlings mit Auf
opferung errang, dein Pfund Kaffee, die
Bezahlung der Mixturen vom
218,35
Trogenprediger ist nun vertrunken; und das Schlimste ist, daß
Prükner
219,1
die Raffinerien (denn ich wil lieber fremde missen als keine
eignen
machen können) iezt nicht (um den halben Preis) an sich handeln
kan,
wie er anfangs wolte. Ich habe mithin schlechterdings
keine andere
Wahl vor mir, als entweder ohne Feuer und wenig zu
machen oder dich 219,5
um einen Gulden zu bitten: so wehe es
mir thut. Ich kan kein Wort
mehr sagen; und morgen seh’ ich
(aber nicht ohne den Otto) entweder
dich oder die Katalogen und das Uebrige.
Lebe wol lieber Oerthel.
Der arme Franz ist mit der Krankheit in hohem Grade vergiftet,
219,10
an der der Oberland verschiedenemale nicht gestorben
ist.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Adam Lorenz von Oerthel. Hof, 20. August 1786. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=I_181
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Berlin JP. 1 ½ S. 4°. K: An Oerthel den 20 Aug. J: Wahrheit 4,73×. 218,21 Eichenlaub] so K, Eichelnlaub H 28 herauf] aus mit
Aktuar Vogel dilettierte in Medizin, wie auch seine Beiträge zu den „Mixturen“ zeigen. 218, 16 Ernst A. Nicolai, „Rezepte und Kurarten“, 5 Teile, Jena 1780—99; Exzerpte daraus im 8. Band von 1785. 27 J. Kämpf, „Für Ärzte und Kranke bestimmte Abhandlung von einer neuen Methode, die hartnäckigsten Krankheiten, die ihren Sitz im Unterleib haben, besonders die Hypochondrie, sicher zu heilen“, Dessau 1784; vgl. I. Abt., I, 247,35, II, 359,28. Oerthel hatte im Febr. 1786 geschrieben, er brauche jetzt eine neue Kur, nämlich Viszeralklystiere nach Kämpfs Theorie. 28 Katalogen von Beckmann: vgl. Nr. 230. 219, 1 Prückner: s. 145, 4†. 10 Franz: s. 198, 34. 11 Oberland: s. Nr. 167†.