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Korrespondenz

Von Jean Paul an Georg Andreas Reimer. Bayreuth, 17. April 1821.

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Baireut d. 17ten Apr. 1821
110,19

Mein Schweigen, guter Reimer, lag in Mangel blos an Stoff, nicht110,20
an Liebe. Von welchem Teufels Zaune könnt’ ich irgend eine Distel der
Unzufriedenheit mit Ihnen abbrechen, der Sie durch alle Lagen durch
so schön Ihrer und meiner würdig handeln? Cotta war bei mir Ihr erster
Lobredner und Bürge; Ihre Persönlichkeit wurde der zweite; — und so
etwas hält schon fest. — —110,25

Am 3ten Kometbande hab’ ich unausgesetzt gearbeitet, und etwa
300 Quartseiten fertig; aber das zweite Ueberarbeiten — und das
weitere Fortführen und Einführen mancher Szenen — und meine
Rhein- und Frühlingsreise machen die Erscheinung zu Michaelis un-
möglich (obwol nicht eine zur Neujahrmesse).110,30

Ihren andern Wunsch, der zweiten Herausgabe der unsichtbaren
Loge, kann ich erfüllen, aber doch auch nur zur Michaelis Messe. Große
Veränderungen und Zusätze kann ich zwar diesem mir so theuern und in
der Sprache der Einfachheit mir jetzo unerreichbaren Erstling meiner
romantischen Muse — zumal ohne den Einklang mit einer noch unsicht- 110,35
baren dritten Loge — nicht geben; aber zu verbessern ist doch so viel,111,1
z. B. die ausländischen Wörter, und besonders die Lücken oder zu dünne
Fäden der Geschichte, geschähe letztes auch nur mit wenigen Zeilen; und
eine neue Vorrede kommt auch dazu. —

Es kommt aber noch etwas dazu, nämlich meine „grönländischen 111,5
Prozesse“, deren neue Auflage ich der Vossischen Buchhandlung schon
vor Jahren geben sollte, dann auf Ostern 1821 versprach und auf
Michaelis 1821 endlich gebe. Doch in diese wird nicht hinein-, sondern
nur herausgebessert. — Ich könnte noch an eine Auflage denken — des
vergriffnen Katzenbergers — aber der warte Jahre lang! Ich muß 111,10
doch mich auch ein Bischen genießen; und dieß ist nur am meisten
bei ganz frischen Werken zu machen.


Können Sie mir nicht von Leipzig aus ein Exemplar der unsicht-
baren Loge auf Druck- und noch besser auf Schreibpapier zusenden lassen,
da ich mein eignes auf dickem Velin-Papier aus Vorliebe jener frohen111,15
Autorzeit nicht gern zur Aufersteh-Asche zerstören möchte? — Ueber
die Verlagbedingungen aus Zeitmangel ein andermal! Wir werden
schon einig. —


Diese Zeile sei auch eine Quittung, daß ich das ganze Honorar der
beiden ersten Bände des Kometen von Ihnen bezahlt erhalten. 111,20

Ich bitte Sie mir nächstens den Namen des Inhabers der Vossischen
Buchhandlung in Berlin zu sagen. Bisher schrieb ich nur an das Ab-
straktum, weil ich noch nicht bestimmt ackordierte.


Ein Wort von Ihnen wäre mir sehr willkommen, wie nämlich
meinen Berliner Freunden und besonders Ihnen der Komet zusagte. 111,25
Bisher hört’ ich nur von einer, aber sehr guten und gutmüthigen
Rezension Köppens in der Münchner Literaturzeitung. — Es geh’
Ihnen recht wohl, mein theuerer Reimer!



J. P. F. Richter

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Georg Andreas Reimer. Bayreuth, 17. April 1821. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_169


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955. Briefnr.: 171. Seite(n): 110-111 (Brieftext) und 362 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Germ. Museum, Nürnberg. 4 S. 8°. K: Reimer 17 Apr. B: IV. Abt., VIII, Nr. 74 und 100. A: IV. Abt., VIII, Nr. 105. 110,24 wurde] nachtr. H 111,6 deren neue Auflage] aus welche H 7 geben sollte] nachtr. H auf1] davor gestr. zu H

Reimer hatte sich beklagt, daß J. P. seinen letzten Brief (an J. P. , IV. Abt., VIII, Nr. 74) nicht beantwortet habe, und gefragt, ob der 3. Band des Kometen zu Michaelis erscheinen könne. Die Unsichtbare Loge sei vergriffen, er wolle gleich eine neue Auflage herausgeben, womöglich schon zu Johannis. 110, 23f. Cotta erster Bürge: vgl. Bd. VII, Nr. 268. 111, 21–23 Vossische Buchhandlung: vgl. Nr. 116†; nach A hieß der damalige Inhaber Schramm.