Von Jean Paul an Georg Andreas Reimer. Bayreuth, 15. Juli 1821.
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Von Ihren Gesinnungen bin ich, bester Reimer, leichter zu über
zeugen als von Ihren Gründen. Der
langsame Verkauf der alten
Mumien, von welchen Matzdorf gewiß
eine übermäßige Auflage ge-
macht, läßt keinen Schluß auf eine neue
zu, vollends mit der Hyperbel124,35
von 30 Jahren, die ja
schon die dritte Auflage des Hesperus nach der
großen Matzdorfischen durch ihre
abgesetzten 250 Exemplare wider-
125,1
legt, oder die 400 Exemplare des Siebenkäs, beides noch Werke, die
stärker, folglich theurer als die Mumien sind. Ich glaubte noch dazu,
Ihren Wünschen
entgegen zu kommen durch meinen Ansatz. Cotta
bekam von mir zur zweiten Auflage die so theuere und starke
Vor-
125,5
schule und Levana zu 3 Ld’or den Druckbogen;
ferner den 4ten
Ld’or
nachzuzahlen nach dem Absatze von 500 Exemplaren (was beides
schon
seit mehren Jahren geschehen) und noch den 5ten nach Absatze von 1300.
— Da nun
die Mumien über 50 Bogen stark werden: so ist etwas über
1 Ld’or für Bogen gar zu matt für
mich; und ich bekäme etwas125,10
weniges über 1 Drittel
meiner ganzen Hoffnung. Um indeß doch die
Ihrige zum Theil
zu befriedigen, wünsch’ ich für die ganze unsichtbare
Loge achtzig Ld’or, wovon
[ich] 40 jetzo, und 40 zur Michaelis
Messe
erbitte; — und dann nach dem Absatze von 400
Exemplaren innerhalb
5 Jahren noch 30 Ld’or Nachzahlung. — Daß ich nur Entschädigung125,15
für Zeit- und Leibopfern suche, wissen Sie aus dem Zögern,
womit ich
stets an neue Auflagen gehe.
Um Ihr herrliches Dezemvirat von Kindern muß Sie einer, wie ich
mit seinem bloßen jus trium liberorum beneiden und ich denke mir
den seeligen Anblick, wie bei einem Wiegenfeste der Eltern
dieser125,20
frische Kranz sie umringt. Aber freilich
dieses Blumenbeet oder diese
Baumschule im theuern Berlin zu begießen und mit Gärtnern zu ver-
sorgen — dieß erfodert einen Aufwand,
wovor man im wohlfeilen
Baireut mit seinen 3 Kindern erschrickt.
Sehr in Eile, wie Sie aus der Bogenverkehrung sehen. Es
geh’125,25
Ihnen wohl!
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Georg Andreas Reimer. Bayreuth, 15. Juli 1821. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_196
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Berlin acc. ms. 1912. 193 (derzeit BJK). 3 S. 8° (der Bogen ist von rückwärts begonnen). K (von Emmas Hand, nach Nr. 192): Buchhändler Reimer 15 Jul. B: IV. Abt., VIII, Nr. 117. A: IV. Abt., VIII, Nr. 119. 124,33 alten] aus letzten H 34 Maxdorf H 125,5 zur zweiten Auflage] nachtr. H 7 was] aus wovon H 10 ich] davor gestr. statt H 14 innerhalb] davor gestr. vor H 20 einem] aus dem H 21 dieses] davor gestr. für H diese] aus für H
Reimer hatte erklärt, er könne J. P.s Honorarforderung (s. Nr. 192) ohne seinen offenbaren Nachteil nicht erfüllen. Die 350 Exemplare der 1. Auflage, die er im Februar 1812 von Matzdorff übernommen habe, wären erst jetzt, nach 9½ Jahren, abgesetzt; die 1500 Exemplare der Neuauflage würden demnach gegen 30 Jahre vorhalten. (J. P. setzt dazu ein doppeltes Fragezeichen und die Bemerkung: als ob eine neue nur abginge wie Reste einer alten.) Er schlug vor, wie beim Hesperus nur 1000 Exemplare zu drucken, dafür im ganzen 60 Friedrichsdor zu zahlen, und wenn vor Ablauf von 5 Jahren 400 Stück abgesetzt seien, noch 20 Fr. nachzuzahlen. Von der neuen Auflage des Siebenkäs seien bis jetzt 400 Exemplare abgesetzt (dazu J. P.: Er verwechselt alte Auflagen und neue. Wenn von Siebenkäs zweiter Auflage schon 400 Exemp. verkauft sind in 3 Jahren: so gelten obige 30 Jahre nicht zum Maßstabe), von der (J. P. fügt hinzu: dritten) des Hesperus 250. Er sei leider genötigt, auf seine seit dem 29. Mai auf 10 Kinder angewachsene Familie Rücksicht zu nehmen. (Dazu J. P.: Je mehr nun ein Verleger Kinder bekommt, desto weniger Ld’or gibt er jährlich. Aus demselben Grunde kann wieder ein Autor jährlich mehre Ld’or verlangen, je mehr er auch Kinder erzielt, und so käm’ es, daß der eine jährlich weniger gäbe und der andere mehr foderte. Übrigens thu’ ich des guten Reimers Willen zum Theil.)