Von Jean Paul an Franz Ludwig von Hornthal. Bayreuth, 7. April 1820.
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Euer Hochwolgeboren
verzeihen mir, daß ich eine vieljährige geistvolle und leidenvolle Freundin
von mir an Ihren Richterstuhl begleite. Ihr ganzes Leben war
ein
quälendes Durchdrängen durch den verwachsenen Wald
eines Prozesses,
noch ist sie im Dikkicht der Justiz; und
wenn es sich endlich lichten19,15
sollte, wird sie
Gerechtigkeit und — Grab zugleich vor sich haben.
Aber sie
arbeitet für ihre Kinder, nicht für ihren kurzen Wintertag
des Lebens.
Ich schreibe diese Worte nicht als Urtheil über ihre Sache — dieses
können Sie nur finden und fällen — sondern als Versuch, Ihre
Augen19,20
unter so vielen Rechts- und Hülfbedürftigen
um Sie her auch auf eine
so bejahrte zu lenken.
Auch wollt’ ich zugleich die Gelegenheit benutzen, meine hohe und
langgenährte Achtung für den Landtags-Redner auszudrücken,
dessen
Muth und Einsicht den Glanz der edelsten Versammlung erhöhen
halfen,19,25
die je in München gewesen.
ergebenster
Dr. Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Franz Ludwig von Hornthal. Bayreuth, 7. April 1820. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_30
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: ehem. Freiherr von Marschalk, Bamberg. K (von Emmas Hand): Oberjustizrath Hornthal in Würzburg 7 Apr. (Entwurf vorher.) J 1: Aurora (Zeitschrift aus Bayern), 1. Sept. 1828, Nr. 27. i: Wahrheit 8,238. J 2: J. L. Klarmann, Geschichte der Familie von Kalb auf Kalbsrieth (1902), S. 503. 19,12 vieljährige] von J. P. verb. aus mehrjährige K 19 über] von J. P. aus für K
Franz Ludwig von Hornthal (1760?—1833) war Bürgermeister von Bamberg. („Würzburg“ beruht möglicherweise auf Verwechslung mit Horn berg, s. IV. Abt. (Br. an J. P.), VII, Nr. 128.) — Um diesen Empfehlungsbrief hatte Charlotte von Kalb in Briefen an Karoline Richter gebeten, s. Kalb Nr. 130 (20. Febr. 1820, nicht 1815; dazu gehören noch ungedruckte Blätter v. 8.—11. März) und Nr. 141; Karoline sandte ihr eine Abschrift desselben, s. Kalb Nr. 142. Über Hornthals Landtagstätigkeit vgl. Bd. VI, zu Nr. 509.