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Korrespondenz

Von Jean Paul an Karl und Luise Förster. Bayreuth, 28. Juli 1822 bis 28. Juli 1822.

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193,13
Baireut d. 28. Jul. 1822

Herzlich geliebter und hochgeschätzter Herr Professor! Hier kommt193,15
endlich der Aufsatz, den ich ohne Kenntnis der Schwierigkeiten (ich will
eben so gut um einen runden Blumenstab herumschreiben) im dank
baren Feuer versprochen hatte. Er kostete mich eine Woche. An Kuhn’s
so schön-ernstes Gedicht — zumal in den drei letzten rührenden Strophen,
für welche ich hier dem Dichter herzlich danke — war ein scherzhaftes193,20
Sprechen über mich nicht anzuhäkeln. Zum Glück half ein fremder
Fehler. — Aber bei dem Passieren der Douanenlinie der Zensur darf
mir nicht Ein Wort genommen werden. In diesem Falle gäb’ ichs sonst
dem Morgenblatte. — Übrigens mag mir der Verleger der Abend-
zeitung dafür außer zwei Freiexemplaren des Aufsatzes geben was er193,25
will, und wär’ es nichts.


Hier wendet sich das Blatt und ich mich an die geliebte Luise. Meinen
Dank voll Liebe und Achtung Ihnen, guter Mann!



Ihr
Jean Paul Fr. Richter193,30

N.S. Aber die einzige entscheidende Zensur des Aufsatzes ist die
meiner Dresdner Freunde, ob er ihnen wohlthut; denn sonst behielt’
ich ihn.


Unvergessene Freundin! 194,1

Hier haben Sie das kleine Manuskript, was Ihnen eigentlich gehört,
denn Sie standen im Garten immer neben meinem Schreibtischchen, als
ich diese Blätter schrieb.


Wäre ich eine Frau, so fragte ich: sehen Sie den Japanischen Garten 194,5
noch oft? die Terrasse, Tieck etc. etc.? Wen und wie viele ich grüßen
lasse, wissen Sie, und wenn ich Tieck noch nenne, so geschieht es, weil
ich diesen doppelt grüße. Und du, liebe Marie, wenn du einmal lesen
lernst, so lies hier, daß der Mann, dem du Blumen brachtest, dich recht
grüßt von Baireut aus. 194,10

Ich denke mit süßer Sehnsucht an meinen Aufenthalt in Dresden,
an die Güte ihrer Bewohner für mich, an die Stunden in Ihrer stillen
freundlichen Häuslichkeit. Es gehe Ihnen immer froh!



Ihr
Jean Paul Fr. Richter194,15

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Karl und Luise Förster. Bayreuth, 28. Juli 1822 bis 28. Juli 1822. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_320


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955. Briefnr.: 324. Seite(n): 193-194 (Brieftext) und 390-391 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin acc. ms. 1892. 559 (derzeit BJK). 2 S. 8º (nur an ihn). K: Prof. Förster in Dresden 28 Jul. J: Förster S. 271×. B: IV. Abt., VIII, Nr. 182. A: IV. Abt., VIII, Nr. 224? 193,17 Blumen] nachtr. H herum] nachtr. H 22 Passieren] aus Durchgange H 23 sonst] nachtr. H

Der Brief an Luise stand jedenfalls auf der nicht erhaltenen zweiten Hälfte des Doppelblattes. In J sind beide Teile in einen Brief an Luise zusammengezogen; doch läßt sich durch Ausscheidung dessen, was in H steht, der fehlende Teil einigermaßen sicher rekonstruieren. Vor 194, 8 Und hat J noch: „Aber einen vor Allem, einen guten, trefflichen Mann, den Sie sehr lieben, grüße ich voll Dank, Achtung und Liebe, Ihren Gatten“, was offenbar aus Nr. 358, 215, 23–26, etwas modifiziert herübergenommen ist. Daß es Luise in solchen Dingen nicht sehr genau nahm, geht auch aus einer Anekdote hervor, die Minna Spazier im Brief an J. P. IV. Abt., VIII, Nr. 189 erzählt; danach sei Luise am Tage nach J. P.s Abreise zu Tieck gekommen und habe zu Dorothea gesagt: „J. P. läßt Ihnen sagen, daß, wenn gleich die Sonne heute keiner Blume ihren Thautropfen gegönnt habe, für ihn (J. P.) Thränen statt des Thaues in jedem Blumenkelche schwimmen würden.“ Nachher habe sie zugegeben, daß diese Worte von ihr selbst erfunden waren. — Sie hatte in B das in der Abendzeitung v. 18. Juni 1822, Nr. 145, abgedruckte Gedicht von Fr. Kuhn „Nachruf an J. P. Fr. Richter“ übersandt und gebeten, darauf in demselben Blatt ein herzliches Wort zu erwidern. J. P.s Aufsatz „Berihtigung eines chronologischen Irrthums usw.“ erschien in der Abendzeitung vom 14. u. 15. Aug. 1822, Nr. 194f. Verleger der Abendzeitung war Christoph Arnold (1763—1847). 193, 31–33 Diese Nachschrift ist wohl durch Ottos und Emanuels Bedenken veranlaßt, vgl. Nr. 322†. 194, 8 Marie: Luisens Töchterchen (1817—56), das (nach B) „noch in dem Andenken an J. P. lebt und webt“, später auch als Schriftstellerin auftrat („Gedichte“ 1857).