Von Jean Paul an Henriette Freifrau von Ende. Ohne Ort, 1. August 1823.
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Nachschrift
Geliebte und verehrte Freundin! Nun hat sich meine Schuld zu
einem dreifachen Dank gesteigert; aber zu meiner äußerlichen Undank230,15
barkeit gab blos das eilige Fortlaufen
von den Briefen meiner Frau
Anlaß. Ihr Bleistift ist unter meinen 100 englischen gerade
der beste;
und ich fürchte mich ordentlich vor dem leider langen
Holz-Ende, in das
er, wie so oft die Menschen, zuletzt
ausläuft. Nur gewisse Dinge
(Seitenzahlen) werden mit ihm
geschrieben. — Aber Ihr glänzendes230,20
Wachsgemälde ist
nicht für meinen Tisch gemacht; sondern dafür wird
selber
ein Tischchen gemacht. Es ist viel zu schön für das Bedecken mit
Papieren, geschweige für das Beflecken. — Und nun wollen Sie
nach
den Augen auch für meine Ohren sorgen, Sie
originell-gütige Freundin.
Das
melodis[ch]e liebevolle Seufzen des
Weltall in der Aeolharfe wird230,25
mich unter meinem
jetzigen Schreiben über die Seelenunsterblichkeit
erhebend, aber vielleicht auch zerschmelzend wie einen
Phaeton er-
greifen. Später, abends vertrüg’ ich
diese harmonische Allmacht nicht.
— Gott sei gedankt, daß er
mein altes Vertrauen auf ihn in Rücksicht
der Mutter und des
Sohns wieder nach menschlichen Ansichten erfüllte.
230,30
— Und so geh’ es meiner so hoch verehrten Freundin
immer!
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Henriette Freifrau von Ende. Ohne Ort, 1. August 1823. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_389
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: ehem. Freiherr von Ende, Alt-Jeßnitz. 8º; 3 S. von Karoline, 1 S. von J. P. K: v. Ende 4ten [!] August. A: IV. Abt., VIII, Nr. 261. 230,14 Nun] Durch Ihre Güte K 15 meiner äußerlichen] dieser äussern K 16 eilige Fortlaufen] schnelle Abschicken K 18f. leider langen Holz-Ende, in das er .... ausläuft] Ende, das ... in langes Holz ausgeht K 21 Wachsgemälde] Wachstuch K sondern dafür] aus aber für dasselbe H, sondern für dasselbe K 22 gemacht] aus bestellt H 25 Das] aus Dieses H 26 mich] aus mir H
Durch Ammon (s. Nr. 280†) bestellt. Frau von Ende hatte im Juni durch Ammon einen englischen Bleistift und ein mit einer Landschaft bemaltes Wachstuch für J. P.s Schreibtisch gesandt. Am 26. Juli hatte sie in einem Brief an Karoline um Angabe der Höhe der Fensterflügel in J. P.s Stube gebeten, da sie ihm eine Aeolsharfe schicken wolle, und von ihrem in Edinburg weilenden Sohn berichtet. — Karoline meldet in ihrem voranstehenden Briefe, daß J. P. den Plan, wieder nach Dresden zu kommen, aufgegeben habe und stattdessen nur nach Nürnberg reisen wolle.