Von Jean Paul an Luise Förster. Bayreuth, 11. April 1824.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
[Druck]
Ihre Güte, meine treue Freundin, kann ich nicht mit Schweigen beant
worten und hätt’ ich auch sieben
Geburttage in Einer Woche zu feiern253,30
und also sechsmal
mehr Briefe zu schreiben. Innigen Dank für Ihre
lebenvolle
Darstellung des lebenden Dresdens, das mir in diesem Jahre,
wo ich nach Darmstadt ausfliege, wol entrückt bleiben wird.
Dafür
ist der bessere Theil von ihm nicht aus mir gerückt. — In
diesem Jahre
muß man früh pflücken und zwar sogleich den
Mai, denn der Juny254,1
und July und ein Augusttheil versprechen
wenig Sonne und selber wenig
Ernte. — Aber diese Weissagung
geb’ ich nicht in das welke ein
gerunzelte Abendblatt Hells, diese matte
Ehrenbegräbnislampe um
literarische Scheinleichen unserer Zeit — — — — —254,5
Desto mehr erquickt mich der wackere Tieck mit seinen
scharfen und
doch nicht zu scharfen Kritiken; wie Alexander nur von
Apelles gemalt
sein wollte, so ist er der einzige rechte Shakespeare’s Portrait-
maler.
Meinen herzlichsten Gruß Ihrem geliebten Gatten, der mit seinen
254,10
trefflichen Gedichten gerade so oft erscheinen
sollte als viele andere mit
ihren selten.
Grüßen Sie Tiedge und seine Gönnerin, die Familien Rosenberg
und Schwarz in Friedstein[,
diesen] dreifachen Familienbund.
Liebe Marie! Sieh herein auf diese Zeile: ich grüße dich hier,
254,15
Mariechen!
Und Sie, meine theure Luise, leben Sie heiter in dieser wechselnden
Welt!
Jean Paul Fr. Richter254,20
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Luise Förster. Bayreuth, 11. April 1824. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_426
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K: Luise Foerster 11 Apr. i: Wahrheit 8,335×. *J: Förster S. 274×. A: IV. Abt., VIII, Nr. 297. 253,29 Ihre bis beantworten] Ihre Liebe darf nicht mit Schweigen beantwortet werden K 30 Geburtstage J einer J 31 schreiben] danach gehabt K 254, 3 das bis 5 Scheinleichen] so K, eine welke, eingerunzelte Zeitschrift, diese matten Ehren- und Begräbnißlampen bei den literarischen Scheinleichen J 6 und bis 7 Kritiken] Kritiken, die doch nicht zu scharf sind K 8 Shakesp. K, Shakespeare’sche J (vgl. 226,16 ) 13 Familie J 14 Schwarze J 15 auf diese Zeile] in dieses Briefchen K hier] so K, fehlt J
254,4 Abendblatt Hells: J hat hier den Namen der Zeitschrift und ihres Herausgebers getilgt und wahrscheinlich noch mehr ausgelassen. 13 Rosenberg: s. IV. Abt. (Br. an J. P.), VIII, Nr. 173 und 180.