Von Jean Paul an Joseph Max. Bayreuth, 17. April 1824.
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Immer denk’ ich bei allem brieflichen Schweigen an Sie mit Liebe
und Wünschen für Sie. Wär’ ich nur in jenen schönen Zeiten
mit Ihnen255,15
bekannt gewesen, wo meine Feder noch kein
langsam-rückender Datum
zeiger war!
Jetzo muß ich warten wie Sie; und meine Maireise
nach Darmstadt wird vollends das
Gehwerk meiner Selina auf
Rétarder drehen. Darnach freilich — nach der Vollendung der
letztern
— ist mein erster Blick und Griff nach meinem
großen, schon im Neu-
255,20
jahr-Morgenblatt beschriebnen
Lustwerke, welches zugleich — was
dort nicht gesagt worden — meine Lebensbeschreibung
enthält. —
Und noch immer hab’ ich dabei an niemand gedacht, dem ichs
nur an
biete, als an Sie. Aber freilich
muß ich warten. Zum Glücke geb ich es
nur in Bändchen, und
noch dazu viel leichter und schneller bei dem255,25
Reichthum und Wechsel der Materien als es bei der Selina
möglich
ist. —
Meine Schuld des Schweigens half noch mein Geburttag vermehren,
der mich im[m]er
zu Briefen zwingt.
Grüßen Sie Steffens recht herzlich von mir und die
vortreffliche
256,1
Präsidentin Fischer.
Leben Sie froh und legen Sie nie mein Schweigen auf Ihre Kosten
aus.
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Joseph Max. Bayreuth, 17. April 1824. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_428
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Kat. 26 der Frommannschen Buchhandlung Jena (1930), Nr. 89. 2 S. 8º. (Faksimile im 1. Bd. Wahrheit.) K: Joseph Max d. 17 Apr. J 1: Breslauer Zeitung Nr. 8×. J 2: Funck S. 185×. B: IV. Abt., VIII, Nr. 272. A: IV. Abt., VIII, Nr. 295. 255, 16f. Datumzeiger] aus Datumszeiger H 20f. Neujahr-] nachtr. H 31 bereiten] aus geben H 32 in Obst] aus Obst- H wenn bis 33 fallen] nachtr. H 34 verwalte] aus treibe H 35 andern.] danach gestr. Bei Gelegenheit H
Max hatte gewünscht, über das künftige neue Werk (Papierdrache) schon jetzt einen Vertrag abzuschließen, und sich zu einem Vorschuß darauf erboten. Er hatte auch auf baldiges Erscheinen des neuen und vermehrten Abdrucks der Rezensionen gedrungen und nach J. P.s Lebensbeschreibung gefragt. 256, 2 Präsidentin Fischer: wohl die Gattin des Präsidenten des Breslauer Pupillenkollegiums Maximilian David Benj. von Fischer (1763–1824, s. Neuer Nekr. II, 2, 1146); vgl. auch zur folgenden Nummer.