Von Jean Paul an Caroline Richter. Bayreuth, 25. Juni 1824.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
Geliebte Karoline! Über deine Kränklichkeit bin ich hinter ihrer
Heilung erschrocken. Lasse dich doch nicht zu sehr aufopfern
und denke
wenigstens an die lieben Kinder, da du nach meiner
Schmerzempfindung
nichts fragest, indem du wieder den mir so verhaßten und
undankbaren
Wunsch zu sterben, der alles mein Thun und
Lieben für nichtig erklärt,261,20
in deinem Briefe wieder
geäußert. Gott wird dir jetzo schon durch deine
Freundinnen
heitere Abende geben. Grüße Tieck und Böttiger, auch
Ammon recht von mir. — Die Feenwohnung der Fr. v. Ende wird
dich begeistern. Dürft’ ich mir doch wieder von ihr, ohne
undankbar und
unverschämt zu sein, einen englischen, und
zwar weichen Bleistift
261,25
wünschen! — Ich bin als Widerspiel deiner Schwester,
gesund bis blos
auf die Augen, über deren annahenden schwarzen Staar (nicht
grauen)
ich zuletzt mit Weller
korrespondieren möchte. Walters Mittel bei der
Fr. v. Knebel, den
Kirschlorbeerextrakt äußerlich, werd’ ich, wenn er
nicht etwas anderes anräth, gebrauchen. — Minna hat mehr
Lebens-
261,30
kraft, wie ihr Geist beweiset,
als du glaubst und die Monate bis Ok
tober, aber noch mehr ein ander[er] Arzt
und gar der Magnetismus ver
sprechen ihr
viel. — Schade ihr nur nicht durch vieles Sprechenmachen.
—
Ich schicke dir Mahlmanns ganzen Brief, der wenigstens
meine
Bemerkung über Richards Unfleiß
bestätigt. — Billig lassen die
261,35
Heine’s sich von dir keine Extrapost bezahlen. — Du hast
doch kein
262,1
Geld verloren? — Ich beschwöre dich
bei deinem Gewissen, nicht
etwa mit der gemeinen Post zurück
zu kommen. — Die Kinder sind
trefflich; jeden Tag macht man ihnen eine neue Freude. Ich
werde von
der Emma gepflegt und die
Magd gut beherrscht. — Auf dein Wieder-
262,5
kommen freu’ ich mich als wenn es
meines wäre, weil gewöhnlich eine
so himmlische Zeit darauf
folgt. — Das Ende dieses Monats möchte
sich verschönern; aber
die erste Hälfte des July verspricht mir kein
Reisewetter. —
— Lebe wohl, wohl, liebes Herz unter deinem Auf
opfern. Schreibe ja schnell zurück.262,10
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Caroline Richter. Bayreuth, 25. Juni 1824. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_439
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Berlin JP. 2 S. 8º. J 1: Wahrheit 8,338× (in Nr. 438 eingefügt). J 2: Nerrlich Nr. 206×. B: IV. Abt., VIII, Nr. 300 (?) und 301. A: IV. Abt., VIII, Nr. 303. 261,19 und undankbaren] nachtr. 20 mein] nachtr. 24 Dürft’] aus Könnt’
Karoline war am 19. Juni magenkrank und erschöpft in Dresden angekommen und hatte Minna noch lebend, aber sehr leidend vorgefunden. „O wäre ich an ihrer Stelle!“ 261, 29 Fr. v. Knebel: s. Bd. VI, Nr. 91†. 34f. A. S. Mahlmann war Vormund seines Neffen Richard Spazier, aber wenig mit ihm zufrieden, vgl. Persönl. Nr. 201, S. 281f. 262, 1 Heines: Karoline war mit der Witwe des Göttinger Professors Heyne, Mutter Therese Hubers, und deren Töchtern nach Dresden gefahren.