Von Jean Paul an Johann Ludwig Heim. Bayreuth, 19. Februar 1816.
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Mein guter Heim! Ich drücke Ihnen meinen Schmerz über den
Ihrigen nicht aus. Nur die Zeichen meiner Theilnahme will ich
Ihnen auf Ihr hartes, hartes Lager zuschicken; — und dann zweitens
meinen heiligen Glauben, daß, wenn ein Mensch große weder
durch
Herz noch Kopf verschuldete Schmerzen trägt,
derselbe unendliche58,25
Geist, der in uns das Verbot,
unverschuldete zu geben, gelegt, auch
selber dieses
anerschaffne Gesetz befolgen müße — zumal da er nur
allein,
aber kein Endlicher die vergütende Zukunft in der Gewalt hat,
— und daß daher Ihre lange Folterleiter nur eine spätere Himmel
leiter zum Ersatze und Lohne werden müße. Und so scheid’ ich
von58,30
Ihnen, hochgeachteter und leidender Mann, zwar
weinend, doch
hoffend; und ganz gewiß wird es einen Ort im
All künftig geben,
wo Sie mir das Eintreffen meiner Hoffnung
berichten.
P. S. Und hat die Vorsehung Ihnen nicht früher die
Trösterin59,1
geschickt als den Schmerz? Eine solche Tochter
— Welcher Vater
hat Ihre Freude? Sie selber wird gar nicht fragen: Welche
Tochter
hat meinen Schmerz? Denn alles löset sich auf in
Ein Herz und ein
Vertrauen der Zukunft.59,5
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Ludwig Heim. Bayreuth, 19. Februar 1816. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VII_157
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K: Heim d. 19 Febr. * J: Aug. Henneberger, Jean Pauls Aufenthalt in Meiningen, 1863, S. 21. i: Denkw. 3, 282. 58, 29f. Himmelleiter] so K , Himmelsleiter J. Das Postskript war nach J mit Blei geschrieben (fehlt K).
J. L. Heim war seit mehreren Jahren schwer krank und hatte alle ärztliche Hilfe von sich gewiesen. Jean Paul hatte wohl durch Frau Schwendler (s. Nr. 148†) von ihm gehört. Über seine Tochter Luise s. Br. IV, Nr. 242 und 335.