Von Jean Paul an Heinrich Voß. Bayreuth, 26. März 1819.
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Dein Fruchtblatt, guter Heinrich, bekam ich gerade an meinem258,30
Geburtmorgen. Nur zog eine große finstere Wolke über den
ganzen
Tag, in welche Jacobis Leiche eingewickelt war,
weil mir die Mei-
nigen aus falscher Schonung dessen Tod
durch Unterschlagen einiger
Zeitungen zu verhehlen gewußt. —
Nur deinem Wunsche gemäß
schreib’ ich dir; denn sonst bei
dieser Nähe mündlicher Worte wären259,1
schriftliche ein Telegraph
in der Stube. — Leider muß ich es mir
meiner Verhältnisse
wegen gefallen lassen, daß du nicht bei mir
wohnest, da du
deinen lieben Abraham mitbringst, was mich wieder
auf die andere Art entschädigt. Steige ja in der Sonne ab,
dem
259,5
besten Gasthofe, worin ich immer in meiner jüngern
Zeit so wie
Siebenkaes logierte. — Den Tag deiner Ankunft schreibe mir
so
bestimmt wie möglich. — Außer Gegenden und außer den
Meinigen
hab’ ich Euch wenig anzubieten. — Über Heidelberg und meine
Lebensbeschreibung hast du mich misverstanden; nur
aufgeschoben
259,10
hab’ ich das Genießen beider, nicht aufgegeben. Und
nun reise so
glücklich als du in Rudolstadt sein wirst!
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Heinrich Voß. Bayreuth, 26. März 1819. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VII_513
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: zuletzt Henriette Klingmüller-Paquet, Hamburg; ehem. Marie Paquet, Frankfurt a. M. 3 S. 8°. K 1: Heinr. Voß 26 März. K 2 (von Karolinens Hand): Berlin JP. i (nach K 2): Wahrheit 8, 174×. B: IV. Abt., VII, Nr. 170. 259,8 den] aus die H
Über diesen Brief berichtet Heinrich Voß am 1. April 1819 seinen Eltern; s. Kranz um Jean Paul, hrsg. von Ludwig Bäte, Heidelberg 1925, S. 53f. Voß wollte am 21. März zu seinem Bruder Abraham nach Rudolstadt reisen und später mit diesem nach Bayreuth kommen. Jacobi war am 10. März 1819 gestorben. Der Bayreuther Schulrat J. B. Graser schreibt am 17. April 1819 an Niethammer: „Daß Ihnen der Todesfall von Jakobi sehr nahe ging, kann ich mir wohl denken. Jean Paul war gleichfalls ungemein davon angegriffen. Es wurde der Eindruck auf diesen durch einen besondren Um stand verstärkt. Seine Familie hatte ihm die Nachricht davon vorenthalten, und hatte zur Absicht, ihn wenigstens sein bevorstehendes Geburtstagfest vorerst fröhlich feyern zu lassen; allein er erhielt die Nachricht gerade an diesem Tage von Heidelberg aus.“ S. Auktionskatalog 65 Karl & Faber, München (1958), S. 99, Nr. 850. 259, 7 Siebenkäs in der Sonne: s. I. Abt., VI, 339,33 .