Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 20. Dezember 1819.
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Hier bringt — dem Worthalter — wieder ein Worthalter den
Neujahraufsatz sammt dem 3ten
B[and] der Herbstblumine. Gerade
indem man sich des Politischen recht entschlagen will,
denkt man
natürlich daran und dann kommt das Denken auch mit
auf das
Papier. Versetzt Sie die Nürnberger Zeitung mit
Wahrheit in den
323,25
Wiener Kongreß, der in jedem Falle den Karlsbader an
Ruhe und
Licht übertreffen und eben darum mehr verbessern als
verstärken
〈versteinern〉 wird? —
Bei der 3ten Herbstblumine sind die alten Bedingungen:
drei
Ld’or für Druckbogen — 12 Freiexemplare auf Schreibpapier
u.s.w.323,30
Auf Ostern 1820 haben Sie mir den Druck
versprochen. Die leeren
Papierseiten der Abschreiber sollen
ja nicht für Zeichen des Leer
lassens
für den Setzer gelten. Das Büchelchen hat sich ohnehin zu
meinem Erstaunen unter den Händen in ein Buch verwandelt; —
aber, lieber Cotta, verzeihen Sie mir nur dieses mal eine
unerwar324,1
tete Vergrößerung; sie kommt
ohnehin in meinem jetzigen Autor
leben so
leicht nicht vor; und bei einer 4ten Herbstblumine noch
weniger, da ich schwerlich mehr eine geben kann aus Mangel
an
— Leben. Das verfluchte Sammeln oder Neuauflegen meiner
Werke324,5
(wie bei Siebenkäs
und Hesperus) frißt mir so viel Zeit ab, und
ich habe doch so viel Neues zu geben — 10 Bände wenigstens
—,
daß ich ordentlich mit Grausen an opera omnia denke.
Ich weiß nicht, ob Sie jetzo schon die Aufsätze des Morgenblattes
und Taschenkalenders berechnen lassen: — in diesem Falle
bäte ich
324,10
Sie um das Honorar —; aber im andern ersuch’ ich
Sie, mir 300 fl.
auf Frankfurt (im Allgemeinen)
anzuweisen.
Ein besonderes Neujahr wünsch’ ich Ihrer lieben Gattin, die mir
gewiß halb so gut ist — wenn nicht mehr — als ich ihr; und
Ihrem
Sohne, den ich seines Lobes wegen von Voß und Wangenheim
324,15
gern möchte gesehen haben; und dem Hausvater selber
und zwar
nach dem veralteten
〈alternden〉 Jahre kein erneuertes, sondern
ein ganz neues.
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 20. Dezember 1819. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VII_610
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Cotta-Archiv. 4 S. 8°. Präsentat: 25 Dec. 1819, [beantw.] 1 Jan. K (von Emmas Hand): An Cotta den 20ten Dec. (Vorher ein Konzept.) J 1: Zeitschr. f. Bücherfreunde, 3. Jg. (1899), S. 96. J 2: Cotta 2, 517×. B: IV. Abt., VII, Nr. 229. A: 1. Jan. 1820. 323,23 entschlagen] enthalten K 24 das Denken] aus es H 30 Druckbogen] davor den K (vgl. aber 100,19 , 241,14 ) 324,9 Ich weiß nicht] aus Da ich nicht weiß H
Mit den „Neujahrbetrachtungen ohne Traum und Scherz“, die im Morgenblatt v. 1. u. 3. Jan. 1820, Nr. 1f., erschienen. 323, 25—28 Nürnberger Zeitung: wohl der Korrespondent für Deutschland. Cotta hat an den Wiener Konferenzen, der Fortsetzung und Abmilderung der Karlsbader, nicht teilgenommen. 324, 15 Sohn: Joh. Georg Cotta (1796—1863), der spätere Verlagsleiter.