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Korrespondenz

Von Jean Paul an Franz Wilhelm Jung. Bayreuth, 20. Juli 1810.

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Bayreuth d. 20. Jul. 1810
120,2

„Wahrscheinlich sterb’ ich in Frankfurt; denn ich ziehe hin, d. h.
ich bleibe da“ So wollt’ ich anfangen. Es ist aber dasselbe, wenn
ich fortfahre: Vortrefflicher Mann! welche Freude ich mir auch120,5
von Ihrem Briefe versprechen konnte: er hat mich doch durch eine
neue überrascht. Denn eine neue ist ein Mann wie Ihr Freund
Aldebert, von dessen schönem Leben Sie mir ein so schönes des
Urbilds und des Malers würdiges Bild gegeben. Ja, nur von
einem solchen Manne nehm’ ich ein Paar Flügelfedern mehr nach120,10
Frankfurt an, welchem schon lange so viele bedeutende Menschen —
die sich seit Ihrem Hiersein vermehrt haben —, der Wolstand, die
Gegend, der deutsche Geist meine Wünsche zugewandt. Nur kann
ich mir diese vor dem künftigen April nicht erfüllen; auch schon
mit darum, weil ich im Herbst und Winter mich gern recht tief120,15
in mein altes Nest eindrücke und nur erst im Frühling, in dieser
Jugendzeit des Jahrs, im Gefühl der meinigen gern auffliege als
Zugvogel. Freilich würden Sie dann künftig die Mühe haben,
mein ökonomischer Rathgeber und Besteller für das so zusammen
gesetzte Räderwerk des äußerlichen Lebens zu sein, wiewol schon120,20
andere Ihnen von dieser Mühe etwas abnehmen sollen.


Nächstens schreib’ ich an Ihren edeln Freund; danken Sie ihm
früher für das Anerbieten seiner friedlichen Subsidiengelder.


Vielleicht Ende Augusts send’ ich dem Museum doch etwas.

Ich grüße achtend Ihren bücher-, welt- und Paris-erfahrnen 120,25
Oelsner.

Meine Frau grüßt Sie mit besonderer Liebe und Achtung,
auch wegen Ihrer Aehnlichkeit mit ihrem Vater.


Leben Sie wol und haben Sie Dank!.
Ihr
120,30
Jean Paul Fr. Richter

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Franz Wilhelm Jung. Bayreuth, 20. Juli 1810. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_307


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 308. Seite(n): 120 (Brieftext) und 477-478 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin JP. 4 S. 8°. K (z. T. Konzept): Jung in Frank. a. M. 20 Jul. B: IV. Abt., VI, Nr. 87. A: IV. Abt., VI, Nr. 110. 120,5 welche] So viel K 6 versprechen konnte] versprach K 9 gegeben] entworfen K 11 welchem] aus wohin H, zu welchem K 13 zugewandt] aus gewandt H 17 im] aus aus H 21 sollen] vielleicht sollten H

Über Franz Wilh. Jung (1757—1833) vgl. den Aufsatz zu seinem 100. Todestag von Chr. Waas, Mainzer Anzeiger, 24. Aug. 1933 und Erich Jung, „Ab stammung und Erziehung“, Leipzig 1927, S. 53—74. Jean Pauls Briefe an ihn hat er nach dessen Tode der Familie zurückgegeben. Er hatte im Juni 1810 Jean Paul und die Seinen „höchst unerwartet“ (wie er in B schreibt) in Bayreuth kennengelernt und nach seiner Rückkehr versucht, ihn zur Übersiedlung nach Frankfurt zu bereden. Sein Freund Aldebert, ein reicher, wohltätiger, abwechselnd in England und Deutschland lebender Kaufmann, biete ihm für diesen Fall, in Anbetracht der Teuerkeit Frankfurts, einen jährlichen Zuschuß von 50 Karolin an und würde später ev. auch für seinen Sohn sorgen. Frankfurt brauche eine Zeitschrift, die Jean Paul herausgeben könnte. Sein (Jungs) Reisebegleiter Ölsner (vielleicht Konrad Engelbert, 1764—1828) erinnere sich mit Vergnügen des letzten in Jean Pauls Gesellschaft verbrachten Abends.