Von Jean Paul an Carl Friedrich Kunz. Bayreuth, 20. Januar 1811.
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Ich bin Ihnen lange meinen schriftlichen Dank für den heitern
reichen Tag bei Ihnen schuldig geblieben; aber ich wollte mit dem176,30
Danke zugleich die Antwort auf ein Briefchen geben, worin
Sie
mir etwas vom Anonymus oder
Monsieur gemeldet hätten. Leider
kam es nicht. Möge doch die Mutter mit den schönen Seelen-
augen über den steilen Hügel der
Entbindung, der oft ein Grabes177,1
hügel wird,
leicht hinüber gekommen sein! Ihr Schweigen läßt
mich diesen
Wunsch mehr bang als freudig thun!
Ich war lange an keinem Tische so froh und Herr meiner Kräfte
als an dem Ihren. Aber freilich die Kräfte bringt man mit, allein177,5
nicht den Tischgenossen, der sie erregt. Grüßen Sie, außer
der
geistreichen Tischgesellschaft, noch von mir Herrn
Hofrath Marcus,
dessen Fieberlehre ich zweimal mit Freuden gelesen. Er soll
mir
ein Evangelist Markus sein, wenn er bald die Geschichte der
Magne-
tisierten gibt. — Ich bereuete zwei Tage
nach der Abreise meine177,10
Flucht vor so vielen — Freuden,
zu welchen sogar der Eintritt ins
berühmte Krankenhaus gehört
hätte.
Noch bitt’ ich Sie um etwas, um 2 Thaler — Kredit; nämlich
bei [Lachmüller], dem Vater des
Bücherverleihers und Spielsachen-
Verkäufers, kauft’ ich ¼ Hundert
sogenannte harte Federn (See177,15
kiele
oder Hamburger) für 1 rtl.; ich wünschte 50 wieder zu haben,
und zwar vom linken Flügel, dessen
Federn sich vom Schreibfinger
abbeugen, gegen den Daumen zu.
Wollen Sie nun Bürgschaft
und Assekuranz leisten, damit er
mir sie zeitig schicke?
Hierbei folgt das zweimal versprochene Kirchenregister meiner177,20
Federkinder. — Grüßen Sie von mir bei Gelegenheit einen von
hier
versetzten Regierungsrath Hake,
meinen Freund und Gevatter. —
Leben Sie herzlich wol!
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Carl Friedrich Kunz. Bayreuth, 20. Januar 1811. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_444
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K: Kunz in Bamb. 20 Jenn. J 1: Doering S. 22×. *J 2: Funck S. 64. A: IV. Abt., VI, Nr. 150. 177,4 und Herr meiner Kräfte] fehlt J 1 7 noch von mir] mir auch J 1 13 bitt’] so J 1, bitte J 2 18 nun] davor ihm J 1 19 mir sie z. schicke] sie mir z. schickt J 1 20 folgt] liegt J 1 21 Grüßen bis 23 wol!] fehlt J 1
Bei seinem Besuch in Bamberg (s. Nr. 340) hatte Jean Paul am 27. August 1810 bei Kunz mit Dr. med. Adalbert Friedrich Marcus, E. Th. A. Hoffmann u. a. zu Mittag gespeist. Anonymus: wie Kunz dazu anmerkt, hatte J. P. seiner (Kunz’) Frau, die damals guter Hoffnung war, einen Sohn verkündet, der auch eintraf. Marcus’ Fieberlehre: im 1. Teil seines „Entwurfs einer speziellen Therapie“ (1807); Exzerpte daraus Fasz. 2 c, Bd. 41 (1810). Lachmüller: der Name ist in J durch vier Sternchen ersetzt, ergibt sich aber mit Sicherheit aus dem Taschenbuch „Bamberg und dessen Umgebungen“, 1812, S. 227. (Mitteilung von Dr. Hoefner, Bamberg.) Kirchenregister meiner Federgeburten: ein chronologisches Verzeichnis seiner Werke für die von Kunz geplante Leihbibliothek. Hake: vgl. Nr. 124†.