Von Jean Paul an Friedrich Heinrich Jacobi. Bayreuth, 25. Juni 1811.
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Lieber guter Heinrich! (Lasse mir die alte liebe Anrede, so wenig
du auch anredest) — Ich schreibe hier nur ein Bitt- und
Geschäfts
Briefchen.
Nämlich ein gewisser Kandidat Knippenberg, welcher sehr
gute
Predigten heraus gegeben und fruchtbare Erziehungsreisen zu
Pe-
206,15
stalozzi und noch mehr zu Fellenberg gemacht, wünscht eine Stelle
am hiesigen Gymnasium. Sein Erziehungs- und Unterweisungs
Talent beweis’ ich aus seinen Gesprächen
mit mir, aus seinen
Zöglingen (er war Hofmeister bei dem
Kammerpräsidenten von
Doerenberg) und aus dem Umstande, daß er nach
Niederlegung
206,20
der Hofmeisterstelle hier für seine neueröffnete
Winkelschule sogleich
20 Schüler und Schülerinnen aus den
besten Häusern bekam. Das
größte Lob desselben aber ist wol,
daß ich meine 3 Kinder auch
hinein schicke.
Ich empfehle dir ihn, damit du auch ohne deine Mühe wenigstens206,25
Niethammer in den Fall setzest, ihn zu empfehlen. Letztern
grüß’
ich, und bei der annahenden Auflage meiner Levana werd’ ich
Rücksicht auf sein gründliches Buch zu nehmen suchen.
Ein Fremder gab mir erfreuliche Nachrichten von deiner Gesund
heit. Mir werden sie durch das fortgehende Elektrisieren der
Erde206,30
von dem Himmel glaublich, der sich jetzt auch
zum Vortheil alles
vegetabilischen Lebens unaufhörlich mit
dem Irrdischen vermählt.
Du bist einem warmen Klima zugeboren
so wie Herder, der in
Neapel am meisten blühte, wenn alles um ihn schwitzte.
Wie sehn’ ich mich mit so vielen nach deinen versprochnen206,35
Werken! Wie fruchtbar würde dein warmer Regen auf so
manche207,1
dürre Wissensfelder fallen! —
Lebe wol und gönne mir ein Wort!
Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Friedrich Heinrich Jacobi. Bayreuth, 25. Juni 1811. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VI_499
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Berlin JP. 2 S. 4°; 4. S. Adr.: Herrn Präsident und Geheimrath Heinrich Fr. Jacobi/ München. Fr. (Poststempel: 26. Jun. 1811.) Präsentat: e. d. 29t, b. d. 8ten Juli. K: Präsident Jacobi 25 Jun. J: Jacobi S. 153×. 206,28 zu nehmen suchen] aus nehmen H 31 von dem] aus durch den H
Vgl. Nr. 507. Niethammers Buch: „Streit des Philanthropinismus und Humanismus“ (1808); vgl. I. Abt., XII, 73f. versprochne Werke: vgl. zu Nr. 314 und 526.