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Von Jean Paul an Heinrich Geßner. Bayreuth, 13. November 1807.

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[Druck]

Bayreuth d. 13. Nov. 1807
178,5

Ich möchte freilich lieber mich selber als meinen Brief und Antrag
vor und unter die letzten Freiheits-Berge Deutschlands schicken.
Und ich will auch einst Ihre Erdhöhen besteigen, eh’ ich die dumme
kleine auf meiner Brust zu tragen bekomme ... Ich fange diesen
Brief wie ein Bekannter an; Sie sind mir einer durch unsern Wieland 178,10
und ich Ihnen wahrscheinlich auch einer durch meine Werke.


Hier biet’ ich Ihnen eines für die Ostermesse 1808 unter folgenden
Bedingungen an:



1.) Es sind vermischte Schriftchen (den Titel weiß ich noch nicht),
wovon ⅔ ganz neu (z. B. eine Badreise des Doktor Katzenberger,178,15
ein komischer Roman von etwa 12 Druckbogen) und das letzte
Drittel erneuert und verbessert ist. Ein Druck-Dieb in Jena ließ
vor einigen Jahren gesammelte kleine Werke von mir umlaufen;
indeß das Wenigste davon nehm’ ich in diese Sammlung auf und
dieß nur neu-gegossen.178,20
2.) Sie wird jetzt 2 Bändchen betragen, jedes zu 16 Druckbogen
— Will das Publikum mehr davon (bevor ich meine sämmtlichen
Werke ediere), so kann ich und Sie fortfahren. Mit ernsthaften Auf
sätzen z. B. über die Unsterblichkeit, über Corday fängt das Buch
an; dazwischen treten die scherzhaften und die in beide Bändchen178,25
vertheilte Badreise etc. — und die Satiren, und Aufsätze aus Archen
holz Länder- und Völkerkunde. Nur hab’ ich des Stoffes außer und
in mir zu viel und mir ist mehr daran gelegen, mein Neues zu geben
als mein Altes.
3.) Im Jenner 1808 werd’ ich Ihnen so viel Mspt zusenden, daß178,30
Sie mit dem Drucke anfangen können; da ich das Alte schon neu
geboren vor mir habe und blos das Neue unter die Glanzpressen
und Appreturmaschinen zu bringen habe.
4.) Vielleicht liefere ich noch darin eine „europäische Friedens-
predigt“, die der wunden Zeit so nöthig ist. Die Gedanken dazu178,35
stehen lange in meinem Herzen und jetzt abgerissen auf dem Papier.
Doch dieser Artikel macht keinen besondern aus. Die Auflage be179,1
steht in 1500 Exemplaren — und da die jetzige Zeit keinem Handel
mehr geschadet als dem Buchhandel, so verlang’ ich fast nur die
Hälfte meiner frühern Honorarien, nämlich nur vier Louisd’or in
Gold für den Druckbogen und den fünften erst, wenn 1000 abgesetzt sind.179,5
5.) So viel ich Ihnen im Jenner Mspt zusende, für so viel
zahlen Sie mir sogleich Honorar, welches letztere aber nur ein
Dritttheil der muthmaßlichen Bogenzahl betragen kann. — Kurz
nur 40 Ld’or — Den größern Rest aber zur Ostermesse 1808.
6.) Eine neue Auflage gibt einen neuen Vertrag.179,10
7.) Papier und Druck und Format bleiben Ihnen überlassen;
denn ich weiß, daß hier Ihre Ehre und mein Vortheil einerlei
begehren; und ich weiß es noch mehr, da die Schweitzer auf dem
Papier
bisher die Deutsch-Engländer waren.
8.) Die gewöhnliche Apostel-Zahl der Freiexemplare auf Schreib- 179,15
papier versteht sich.
9.) In dieser Nummer hab’ ich eigentlich nichts mehr zu sagen als
meinen Wunsch, mit Ihnen in Verhältnisse zu treten, wiewol diese
nur merkantilisch anfangen, aber hoff’ ich nicht so endigen.

— Ich könnte Ihnen noch ein Verzeichnis der Werkchen senden,179,20
wenn ich nicht zu eilen hätte ....
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Heinrich Geßner. Bayreuth, 13. November 1807. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=V_427


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 5. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1961. Briefnr.: 428. Seite(n): 178-179 (Brieftext) und 336-337 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin acc. ms. 1915. 14 (derzeit BJK). 4 S. kl. 4°. J: E. Berend, Jean Paul und die Schweiz (1943), S. 55 ×. K (nach Nr. 424): Geßner in Zürch ab d. 13 Nov. Vollständig nach H gedruckt IV. Abt., V, Anhang Nr. 42 178,11 ich] danach bin K 16 ein] davor gestr. eigentlich H das letzte] aus das übrige H 21 Sie] aus Es H jetzt] nachtr. H 28 mein] aus etwas H 32 unter] davor gestr. besser zu machen H 35 der wunden Zeit] aus dem wunden De[utschland] H 36 stehen] aus standen H 179,18 Verhältnisse] aus Verhältnis H 19 nur] davor gestr. leider H merkantilisch] davor gestr. auf dem Rechtswege H

Der Verleger Heinrich Geßner in Zürich, ein Sohn Salomons, war mit Wielands Tochter Charlotte verheiratet, s. Bd. II, zu Nr. 339. Er lehnte den Antrag wegen des zu hohen Honorars ab, s. zu Nr. 454. 178, 17 DruckDieb: die Voigtsche Buchhandlung in Jena, die 1804 „Kleine Schriften von J. P. Fr. Richter“ herausgegeben hatte. 23ff. Die ernsthaften Aufsätze (Über den Tod nach dem Tode, Charlotte Corday, Die Vernichtung) kamen im Druck an den Schluß der beiden Bändchen zu stehen. 27 Richtig Literatur und Völkerkunde; derselbe Irrtum auch in Jena Pauls „Vaterblatt“, s. Wahrheit 2,146; es wurde aber kein Aufsatz daraus aufgenommen. 34f. Die „ Friedens-Predigt“ erschien gesondert, s. Nr. 472. 179, 13f. Das sog. Schweizerpapier war besonders geschätzt, vgl. Bd. I, Nr. 438, 396,6, I. Abt., III, 67,21. — H erwähnt am Schluß noch Geßners in Kiel lebende Schwägerin Sophie Reinhold, geb. Wieland.