Von Jean Paul an Charlotte von Kalb. Bayreuth, 30. März 1805.
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[Kopie, z. T. Konzept]
[Vielleicht lockt Ihnen meine Aesthetik, worin Sie Ihr Ich
oft finden werden, noch einige Blätter für mich ab.
—]
Bayreuth
find’ ich eigentlich außer Bayreuth,
nämlich in [dem] Zauber32,35
gürtel seiner Gegend. —
[Jacobi geht als Akademiker nach Mün-
33,1
chen. Der Himmel weiß, ob ich Zugvogel
diesem Adler nicht endlich
folge, ob ich gleich auf der Erde
keinen zweiten Emanuel wieder
finde. — Meine Kinder gedeihen und knospen. Sie würden sich
nicht
satt an ihnen sehen; mich kosten sie leider manche poetische
Seite,33,5
und die väterliche Begeisterung verdrängt die
dichtende. Ich sehne
mich nach Ihrem Laute, nach der
Freundin,] die [so stark, wie sie
aus dem Titan und der Aesthetik sehen
kann,] an meiner innern
Bildung wieder umbildete — Unter den Weibern hat C[aroline]
Sie vielleicht wie ein Juwel am schönsten gefaßt, nämlich ein
Herz33,10
in ein Herz.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Charlotte von Kalb. Bayreuth, 30. März 1805. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=V_89
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K: Kalb 30 März. i (nicht nach K): Denkw. 2,91 (5. Mai 1805). B: IV. Abt., V, Nr. 36. A: IV. Abt., V, Nr. 47. 32,35 eigentlich bis in] nur in dem i 33,9 — Unter bis 11 Herz.] fehlt i 10 Sie] vielleicht sie K
Charlotte hatte geschrieben, sie habe Jean Pauls Schwiegervater einiges aus der Ästhetik vorlesen hören, sei davon tief gerührt worden und wolle die Schrift bald in Muße lesen. Sie hatte Jean Paul geraten, nach Berlin zu kommen, um dort eine Präbende zu erheben und Mitglied der Akademie zu werden. In A spricht sie begeistert über einzelne Stellen der Ästhetik. Folgende Stellen in A nehmen noch Bezug auf Jean Pauls Brief: „Sie gehen nach München, und wann? Doch wohl als Akademiker mit gutem Gehalt? ... Ich werde mich sehr freuen, die Kinder, die Mutter zu sehen ... Emanuel muß seine Freunde wägen — die er am meisten entbehrt, denen muß er folgen. Nach dem ersten Band der Flegeljahre habe ich wieder nach Franken geschrieben [vgl. Bd. IV, Nr. 491, 309,3f.] ...“ Vgl. noch Karoline an ihren Vater, 11. Mai 1805 (H: Berlin JP): „Die Nachrichten der Frau von Kalb nehmen Sie nicht so wichtig. Ein paar hingeworfene Ideen meines Mannes in einem Briefe an sie, daß er wohl Jacobi nach München nachziehn möchte, daß eine Stelle dort als Akademiker ihm recht seyn könnte, müssen diese veranlaßt haben, den Wunsch für die Gewißheit zu nehmen ...“