Edition
Korpus
Korrespondenz

Von Jean Paul an Amöne Herold. Weimar, 6. Januar 1799.

Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



W[eimar] d. 6. Jenn. 99.
144,22

Gute Amöne! Wo ist Ihre Stimme? Ich suche sie lange wie die
Töne des Frühlings. — Das neue Jahr bringt mich euch allen um
Meilen und Monde näher; denn in diesem sehen wir uns ja alle144,25
wieder.

In diesem Jahr werden Sie auch die Fr. v. Kalb sehen, die Sie
und Emanuel unendlich liebt aus einigen — Ihrer Briefe. Ich meine,
sie holet mich von Hof ab. (Dieses gebe Ihre Lippe nur noch 3 geliebten
Wesen und niemand weiter!)144,30

Liebe Seele! die Zeit drükt uns alle immer fester einander an das
Herz. Ich bin an den frühern Fernen weniger schuld als irgend jemand;
und meine halbe Liebe findet jezt ein ofneres Herz als sonst meine145,1
mich verschwendende ganze. — Es ist eine mich im Innersten
rührende Aussicht, daß ich nun so gewis weis, daß ich und Sie und
alle meine Freundinnen eine ganze irdische Ewigkeit der wachsenden
Liebe vor uns haben und daß gerade die künftigen, sonst Andere145,5
trennenden Verhältnisse nur neue Arme werden, die uns verketten
und bis zum aufgehenden Grabe an einander erhalten.

O meine Amöne! Wie fest und sanft bist du an meiner Seele! Wie
unverwelklich sind unsere Stunden! Ach dir allein war meine bren
nende Seele offen, als der Hesperus aus ihr quol. — Ich fürchte mich 145,10
fast vor der Entzückung des künftigen Frühlings und vor dem Seufzer,
der ihn endigt! —


Richter

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Amöne Herold. Weimar, 6. Januar 1799. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=III_190


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 3. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1959. Briefnr.: 193. Seite(n): 144-145 (Brieftext) und 441 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Kunst- u. Altertümersammlung der Veste Coburg. 3 S. 8°; auf der 4. S. Adr.: Amöne. K (nach Nr. 191): Amöne 7[!] J. J: Otto 4,269. 145,1 halbe] davor gestr. jezige H 7 aufgehenden] aus ofnen H 12 endigt] aus beschliest H, beschliesset K J hat noch folgenden nicht hergehörigen Absatz: „Ich sende Ihnen den wahrscheinlich besten Roman unter Oertels seinen. Seinen Diethelm hat er Ihnen zugeschickt. Wie er mir selbst sagte, sind Sie ihm zu seiner Ludmilla [soll heißen Ludwine] in seinem Gedichte gesessen.“ (Oertels „Diethelm“ erschien erst Ende 1799, vgl. Nr. 373 und zu Nr. 366.)

144,29 f. 3 geliebte Wesen: Karoline Herold, Friederike und Christian Otto.