Von Jean Paul an Esther Bernard. Leipzig, 8. Dezember 1797.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
[Nicht abgeschickt?]
Mein Auszug aus Hof — zu Anfange Novembers — lies mir
Ihre
Briefe, Madame, blos später zukommen. Ihr erster gab mir
durch
seine Einkleidung und durch seinen Geist, durch
Zeichnung und Kolorit23,30
(wie die menschlichen Gespräche)
gerade so viel Freude — in sofern er
Sachen betraf — als er
mir nahm — in so fern er Personen angieng.
Die leztern sind —
ich und Fr. v.
B[erlepsch]: in dieser hätten
Sie
wenigstens den — Freund derselben schonen sollen. Die
Vorwürfe, die24,1
blos mich betreffen — da Sie mir moralische
Irthümer schuldgeben,
indes Sie höchstens von intellektuellen
gewis sein konten — ertrug
ich lieber mit dem Schweigen, das
Ihr zweiter Brief beschlos. Jedoch
sogar dieser enthält die
ungerechte und kühne Stelle: „Solte nur in24,5
„Ihren
Schriften Ihr Herz Ihres Kopfes würdig scheinen?“ Zu
dieser Frage giebt ein blosses Schweigen Recht? —
Auch verlangten Sie viele und schnelle Antwort: beides untersagen
mir meine Verhältnisse. Aber ich bitte Sie, mich in keinem von
beiden
nachzuahmen.24,10
Aber Ihre Dornen haben oben und an den äussern Zweigen die
weichen Rosen der Freundschaft; und darum — und Ihres zweiten
Briefes wegen — und weil Ihr Wohlwollen zu viel Werth auf dieses
Blätgen legt, — komt es geflogen.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Esther Bernard. Leipzig, 8. Dezember 1797. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=III_26
Kommentar (der gedruckten Ausgabe)
SiglenH: Berlin JP. 2½ S. 8°. J: Denkw. 3,31. B 1: Abt. IV, II, Nr. 247. B 2: IV. Abt., III.1, Nr. 7. 23,31 menschlichen] nachtr. 24,4 dem] nachtr. 9 in keinem von beiden] aus nie 11 oben] davor gestr. oft
Vgl. Bd. II, 519f., Nr. 671. H ist jedenfalls eine nicht abgegangene Fassung; der Brief scheint aber trotz des Fehlens im Briefbuch abgegangen zu sein (vgl. 47, 36 ), jedoch erst nach dem 19. Dez., s. 25, 30 –33. In B 2 hatte Esther die Befürchtung geäußert, durch ihren ersten Brief Jean Paul gekränkt zu haben, und neuerdings dringend um Antwort gebeten.