Von Jean Paul an Amöne Herold. Leipzig, 5. Januar 1798.
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Meine Amöne! Gerade bei meiner Zurükkehr vom sanften Eden32,30
Belgershain fand ich die lieblichen Laute
Ihrer Seele. Dort fand ich,
Gute, einen Brief von Ihnen, der Ihre Schmerzen in mein Herz
ein
schnit. Nein, Amöne — ich wil Ihnen
einmal schreiben über Ihr zer
störendes
Ahnden und Lieben des Todes. —
Oertel hat für Sie das alte Herz: schreiben Sie sein
Schweigen
33,1
blos seinen Arbeiten und Freuden zu.
— Sagen Sie Otto, daß ich Sontags bei D. Rosenmüller esse
und
also über seine Konzilien alles erfragen kan. —
Ich werde hier recht geliebt. Eben war Weisse wieder bei mir, der
33,5
mich wie ein Vater liebhat; Platner sagt es auch von
sich, aber ich
bin ihm ein sein Ich zurükspiegelnder
glatter Marmor. Die
Berlepsch gab mir zu Weihnachten — ausser
den Gaben von ihrer
Tochter — eine herliche Magdalene von Battoni, (ein Stük
der
chalkographischen Geselschaft von einem hohen Werthe), endlich
einen33,10
Lorbeerkranz mit der Aufschrift: Für dich, und an ihm ein Vergis
meinnichtkränzgen mit der Aufschrift: Für
mich.
Kom an mein Herz, Amöne, und bleibe an ihm immer! Ach wie
hab
ich dich geliebt! — Nun wenn die künftigen Jahre kommen,
müssen sie dich an meiner Seele finden! Die Vergangenheit und die33,15
Entfernung lege den Schleier über das, was ich an dir tadelte
— und
du öfne vor mir das reine Auge und bringe das Herz vol
Heiligkeit an
die wärmste Brust! — Ach Amöne, wenn ich deine
Gestalt
einmal wiedersehe, wie wird sie mich erquicken, wie
wird sie mich ver
wunden, wie werd ich
mich trennen, wie wirst du mich lieben. — Fühlst33,20
du
nicht daß du mich liebst? — und ich dich? —
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Amöne Herold. Leipzig, 5. Januar 1798. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=III_39
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Kunst- u. Altertümersammlung der Veste Coburg. 2 S. 8°; überschrieben: An Amöne. K: Amöne 5 Jenn. J: Otto 4,258×. A: IV. Abt., III.1, Nr. 26? 32,33 mein Herz] meine Seele K 33,7 sein Ich zurük] nachtr. H 8 von] nachtr. H 17 Heiligkeit] Reinigkeit K 20 lieben] aus entbehren H
33,3 f. Rosenmüller: s. 25, 7 †. Otto hatte am 3. Jan. geschrieben, er brauche nicht die Akten des Tridentinischen Konzils, die er immer versehentlich bekomme, sondern die des Klermonter oder Kostnitzer Konzils; vgl. Bd. II, Nr. 128, 291 und 565, 95,18, 179,35f., 311,14f. 9f. Die büßende Magdalena von Batoni in der Dresdner Galerie, gestochen von Bause; vgl. Bd. VI, zu Nr. 429, und Persönl. 213,13 .