Von Jean Paul an Ludwig (Pseud. Peter Leberecht, Gottlieb Färber) Tieck. Weimar, 19. März 1800.
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Mein lieber Tiek! Zuerst meine Bitte, welche die eines Andern ist.
Ein anderer wünschte die grössere Büste Bonapartes, die man in
Berlin verkauft und welche die H. Schlegel haben sollen. Er bittet also
308,5
durch mich Sie und durch Sie diese, ob sie ihm die
ihrige, die sie doch
nur die Transportkosten nach Berlin zum zweiten male kosten würde,
nicht überlassen wolten. —
Neulich wolt’ ich Sie besuchen; da ich aber alles leichter finde als
Wege und Häuser: so fand ich Sie nicht. Ich wolte Ihnen danken
für308,10
Ihre Phantasien über die Kunst, die selber
Spröslinge der Kunst sind.
So viele Stellen darin wie überhaupt Ihre Prose scheinen mir
poe
tischer als Ihre andere Poesie,
und jene hat stat jedes fehlenden pes
einen Flügel. Ich lies mir sie, wie die Alten die Geseze,
unter Musik
promulgieren; ich meine, ich spielte sie im eigentlichen
Sinne auf mei308,15
nem Klaviere vom
Blatte. Die Musik — besonders die unbestimte —
ist ein Sensorium für alles Schöne; ja unter Tönen fass’ ich sogar
Gemälde leichter. —
Leben Sie gesund! Diesen nöthigen Wunsch thu’ ich aus innigster
Seele!
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Ludwig (Pseud. Peter Leberecht, Gottlieb Färber) Tieck. Weimar, 19. März 1800. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=III_425
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: DLA, Marbach; ehem. Prof. Ernst Küster, Gießen. 3 S. 8°. K: Tiek. 19 M. J: Briefe an L. Tieck, hgb. von Holtei, Breslau 1864, 3. Bd., S. 138. 308,6 sie1] Sie H 8 nicht] nachtr. H 9 alles] danach in der Welt K 10 fand’ H 15f. am Klavier vom Blat ab K 17 ja] nachtr. H sogar] nachtr. H
Tieck und Jean Paul hatten sich Ende November oder Anfang Dezember in Weimar kennengelernt, s. 311, 25 , Persönl. Nr. 89 und Dorothea Schlegel an Schleiermacher, 9. Dez. 1799. Der Andere ist vielleicht Knebel, der am 26. Juli 1800 an Böttiger schreibt (H: Dresden): „Ich möchte wohl, daß mir Gore eines [!] der Busten von Bonaparte hätte zukommen lassen.“ 308, 9 Jean Paul war am 4. März in Jena gewesen, wo Tieck damals lebte, s. 302, 20 f., IV. Abt. (Br. an J. P.), III.2, Nr. 331 und I.Abt., IX, 463,30 (Vorrede zum Clavis).