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Korrespondenz

Von Jean Paul an Amöne Herold. Leipzig, 4. November 1797 bis 5. November 1797.

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[Druck]

5,4
Leipzig d. 4 Okt. [vielmehr Nov.] 97.
5,5

Liebe Amöne! Wie aus einer zweiten Welt über die Ufer der ersten
her kommen mir süsse Stimmen aus Hof, aber die Ihrige ist nicht
darunter und es würde meinem Herzen wohlthun, sie zu hören. Das
ist es, was ich Ihnen heute sagen, worum ich sogar bitten wolte, und,
Himmel, ich kan ja auch nicht mehr schreiben, wenn Sie schweigen.5,10

Schreiben Sie, Sie mögen glüklich oder unglüklich sein.

Aber unglüklich können Sie nie sein, denn Sie werden zu sehr ge
liebt.

Forsezung. d. 5.

Theuerste! Sie warfen mir keine Herbstblätter gefalner Früchte,5,15
sondern Blüten kommender nach. Der Ferne und meinem stummen
Gehen verdank’ ich eine Liebe, die mir sonst versagt war, und die ich,
ob sie gleich nicht grösser ist als meine, nicht verdiene.

In Ihrem Brief liegt für mich ein Zauber, und Sie rühren mich bis
zu Thränen. Ach wenn Sie immer lieben, wer wil Ihnen denn wider5,20
stehn!

Unser Oertel ist noch hier: jezt legen noch ein Paar gute Genien
mehr ihre unsichtbaren Arme um uns und drücken uns an einander.
Wenn ich einmal heirathe, nehm’ ich eine Frau, die Oertel selber nicht
von seiner sol unterscheiden können, ausgenommen durch die Liebe der5,25
seinen gegen ihn.

Meine Adresse ist: J. P. R. im Hohenthalischen Hause in der
Petersstrasse 3 Treppen. —

Leben Sie froh, meine Amöne! Ich halte Sie doch jezt auf eine
schönere Art wenn nicht an der Hand doch an den Schreibfingern.5,30
Aber das Schiksal quäle Sie nie mit einer Trennung wie meine ist.

Recht wohl gehe es meiner lieben Seele.


Ihr
J. P.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Amöne Herold. Leipzig, 4. November 1797 bis 5. November 1797. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=III_5


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 3. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1959. Briefnr.: 5. Seite(n): 5 (Brieftext) und 387-388 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

K: Amöne 4. * J: Otto 4,252. 5,9 warum J 15 warfen] so K, werfen J 22 Paar] so K, paar J

Vgl. Vorwort zu Bd. II, S. VII. Wenn der Text von J stimmt, müßte Amönens Brief zwischen den beiden Absätzen des Jean Paulschen eingetroffen sein; wahrscheinlich ist aber der erste, in K fehlende Absatz nicht hergehörig, vielleicht aus Nr. 162; vgl. auch den Anfang von Nr. 190.