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Korrespondenz

Von Jean Paul an Friedrich Benedikt von Oertel. Leipzig, 17. November 1797 bis 18. November 1797.

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8,5
Leipzig d. 17 Nov. 〈Bustags〉 97 [Freitag].

Mein Oertel! so sag ich’ der geliebten Stimme um dich willig nach.
Hier hast du aus 10000 Briefen diese geloosete, nicht gewählte. — Die
Stoll, bei der ich Montags war, hat ein treffendes mit Gedanken
und Empfindungen und selber mit Reizen gefültes Gesicht, dem der8,10
Tod eines Dreiwochenkindes die Farbe nahm. Vielleicht die Trauer
— das Lesen deines Briefs nach meinem Abgang — ihr Neid um
deine Liebe — machten meine Aufnahme so kalt, daß ich, ohne ihren
eignen Zuruf, nicht wieder komme. Der Man und ein Kaufmans —
Mensch und eine Kauffrau waren mit da. — Platnern fand ich zwar 8,15
wohlwollend gegen mich, aber seinen Körper so steif wie seinen
Kathederton, sein Herz eitel und untheilnehmend — vom Lehrer der
Jugend erwartet man in der Mänlichkeit noch den Stralenreif, der
nicht aus ihrem sondern aus unserm Kopfe kam. Er wolte mich durchaus
zu einer satirischen Kantianade bereden: die Kantianer ärgern ihn 8,20
sonst ins Grab. Ich besuch ihn bald wieder. — Recht fröhlich war ich
gestern bis um 12 Uhr bei Mad. Feind und deren naiven Töchtern: in
3 Minuten sas ich mit der Familie im Nest eingewohnt als wär ich
darin mit ausgebrütet worden. — Das sind kaum die Kartons, die
ich einmal bei dir mit der Zunge zu Deckenstücken ausmalen wil oder8,25
zu Dosenstücken.

Sonabends.

Ich danke dir für deine scharfsinnigen Noten und Fragen, die theils
der Plan, theils die schon entworfnen theils künftige Änderungen
beantworten. Eine davon machte mir auch die Berlepsch. — Wielands 8,30
Brief ist sehr wahr und fein und Lob und Tadel schön gemischt. — So9,1
gar den gestrigen Brief der Berlepsch send’ ich.

O wie sehn ich mich wieder an euere reinen warmen festen Herzen!
— Zu welchem Frühling trägt jezt das Schiksal die Farben zusammen!
Lebt wohl und seelig!9,5

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Friedrich Benedikt von Oertel. Leipzig, 17. November 1797 bis 18. November 1797. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=III_9


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 3. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1959. Briefnr.: 9. Seite(n): 8-9 (Brieftext) und 388-389 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin JP. 3 S. 8°. Präsentat: Paul an 18 Nov b. 97. K: Oertel 17 Nov. J: Denkw. 1,365. 8,10 Gesicht] Angesicht K 31 hat] kent H Kanten] davor gestr. sie H

8,8 f. Die Stoll: s. Nr. 18†. 15 Platner: vgl. Bd. I, Nr. 17, 29,33ff. 22 Feind: s. Nr. 84—86†. 28 Noten: vermutlich zum Titan. 30f. Wielands Brief: an Oertel? 9,2 Brief der Berlepsch: nicht erhalten.