Von Jean Paul an Emanuel. Hof, 3. Juni 1795.
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Hier ist endlich das Ende Ihres Exemplars — und das ganze für
H. Schäfer.
Meine Seele hat Ihnen schon lange nicht auf dem Briefpapier —
dafür desto mehr auf Drukpapier — die Hände reichen können; und88,35
am Ende ists auch einerlei, ob man einen gedrukt oder
geschrieben89,1
lieset. Aber für den, der nichts kriegt, weder
Gedruktes noch Ge
schriebenes, wie ich, ists
zweierlei. Schreiben Sie mir recht bald und
zwar einige
Empfindungen oder Urtheile über mein Buch.
Sie schrieben mir, es stände darin: „Gott denkt nur unserer wenn89,5
wir seiner denken.“ Nein, ich habe gesagt: Gott denkt sich nur
uns,
wenn wir ihn denken, d. h. unsere Idee von ihm ist so
klein, daß die,
die er von uns hat, gerade die ist, die wir von
ihm haben, oder unser
Bild von Gott sieht in den götlichen
Gedanken seinem Bilde von uns
gleich. Ihrem Namensvetter durft’
ich schon diesen kühnen Gedanken89,10
in den Mund legen.
Gewisse feurige Kapitel lesen Sie in Einem Size, weil die Theilung
soviel ist als besucht’ ich heute den 1 Akt einer Tragödie und
am
fünften Tage den 5ten. Solche
sind das 28 — 31 — 33 — 34 —
35 — 36 —
38 — 42 — Auch blättern Sie nicht voraus, Sie zer89,15
stöhren Sich die ganze
Täuschung.
In wenig Wochen wird Ihr Strichvogel, ich, wieder sein wärmeres
Klima aufsuchen, Bayreuth.
Ich habe noch immer so viel zu machen, daß ich keinen Brief
machen kan. Auch wirbeln mich die Strudel des neu aufquellenden89,20
Frühlings umher und die Natur bindet einen
[!] mit ihren langen
Blumenketten die Hände zum Schreiben.
Ich suche mich noch immer bei meinem Gefühle zu entschuldigen,
daß ich von der Freundschaft des H. Schäfers einen so eigennüzigen
Gebrauch gemacht; und auf Sie leg’ ich die halbe Schuld, da
Sie meine89,25
blosse Frage so schnel und so gütig in eine
Bitte verwandelt haben.
Renate schikt Ihnen 10000 etc. Grüsse mit.
Leben Sie wol, Lieber und übergeben Sie Ihrem und meinem
Freunde auch Grüsse von
Freund
Richter.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Emanuel. Hof, 3. Juni 1795. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_117
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Bibl. Gotha. 4 S. 4°. K: Eman. 3 Jun. J 1: Morgenblatt, 20. Aug. 1828, Nr. 200. J 2: Nachlaß 5,242. J 3: Denkw. 1,28. B: IV. Abt., II, Nr. 34. A: IV. Abt., II, Nr. 38. Vermerk Emanuels auf H: d. 8 ten Juny beantw. 88, 34 dem] nachtr. H 89, 14 31] danach gestr. 32 H
89,6 f. I. Abt., III, 404,8f. (am Schluß des 25. Hundsposttags).