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Korrespondenz

Von Jean Paul an Emanuel. Hof, 31. Juli 1795.

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Hof d. 31 July 95.
103,13
Mein Theuerster,

Dieser Brief ist nur ein Frachtbrief. Ihrer ist einer langen Antwort103,15
oder Widerlegung werth: die nächstens die Presse, d. h. meinen Schreib
tisch verlassen sol. Sie haben aus meinem Heldunkel meistens Bein
schwarz gemacht. Glauben Sie mir auf mein ganzes Herz, dieses ist nie
fähig, nur einen Blutstropfen in einen Schreibfinger zu treiben, der
nur das geringste, was Sie kränkte, gebäre. — Was uns allen so un103,20
angenehm war wie das bisherige Aussenbleiben des Sommers, das ist
— das Ihrige, dessenwegen unsere Freundschaft schon so vieles Bau
gerüste zu — Luftschlössern vergeblich zusammengetragen. —


Die 2 lezten Briefe, die von Ihnen nichts mithatten als das Couvert,
vertragen sich wol unter Einem Papier, aber nicht unter Einem Hute.103,25
Schäfers seiner gefiel mir sehr und ich werde ihm dafür soviel pädago-
gischen Sauerteig — pädagogisches Brod hat er selber — auftischen
als mir sein Brief-Gegenfüsler, Münch, andern Sauerteig vorgesezet
hat. Meinen herzlichsten Grus an ihn; mein Otto liebt ihn wie einen
Bruder, durch mich. — Ich sehne mich wieder unendlich in meinen103,30
Bayreuth[er] Zirkel, der aus 2 Regenbogen konstruieret ist. Wenn
das Schiksal mit dem Kopfe nikt: so zieh’ ich künftiges Frühjahr in eine
chambre garnie in Bayreuth, wenigstens auf 6 Monate.


— Renate bittet Sie, Ihre Briefe an sie allemal an mich zu couver-
tieren. —103,35

Leben Sie wol in Ihrer Klause vol Ruhe — in meiner Seele sind104,1
nichts als Strudel und Wirbel und sie löset sich beinahe auf durch
Wünsche, Phantasien und Arbeiten und oft durch Freuden. Leben Sie
ruhig und kein schwarzgeflügelter Dämon schüre Freundes Arme, in die
Sie sich legten, zu Molochs Armen an, wie Sie mir neulich klagen104,5
musten. Meine sind warm, aber nur aus Liebe.



Richter

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Emanuel. Hof, 31. Juli 1795. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_149


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 2. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1958. Briefnr.: 150. Seite(n): 103-104 (Brieftext) und 424 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Bibl. Gotha. 2 S. 4°. K (nach Nr. 74): Emanuel 28 [!] July 95. J 1: Morgenblatt, 6. Sept. 1828, Nr. 215×. J 2: Nachlaß 5,245×. J 3: Denkw. 1,30×. B: IV. Abt., II, Nr. 44. 103,19 nur einen Blutstropfen] aus das Blut H 20 gebäre] aus gebähre H 22 dessenwegen] aus auf das H vieles] aus viele H 23 vergeblich] nachtr. H zusammengetragen] danach gestr. hatte H 27 pädagogisches] nachtr. H 34f. couvertieren] aus kouvertieren H 104, 2 durch] aus in H

B liegt nur in unvollständigem Druck mit ungenauem Datum vor. Anscheinend hatte Emanuel die Bemerkung 101, 9 übelgenommen. 104, 4 –6 Emanuel hatte sich bitter beklagt, daß ihn ein Mensch, dem er viel Gutes zugetraut, erbärmlich betrogen habe; vgl. Nr. 154†.