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Von Jean Paul an Emanuel. Hof, 31. Januar 96.

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Hof d. 31 Jenn. 96.
150,2
Mein Guter,

Meine Feder sol heute ein Flügel sein, waraus sie genommen ist,
weil ich wenig Zeit habe, um Ihnen zu melden, 1) daß Otto Sie 150,5
um die Akten ersucht, 2) und daß er in Bayreuth für jeden Termin
leicht einen Chargé d’affaire auftreibt. Über Ihre Eiligkeit und Gütig
keit vergassen Sie mir den Preis des weiblichen Pisangblattes zu
schreiben: denn bekantlich konten die ersten Eltern sich aus Feigenlaub
keine Küchenschürzen machen.150,10

Sagen Sie dem D. Elrodt meinen Dank und Grus. Ich werd’ aber
Ihnen und ihm und meinem theuern Schäfer mehr schreiben, wenn ich
mein Geschriebenes oder Gedruktes zuschicke. —


Sie und Schäfer lieb’ ich auf dem Wege nach Bayreuth nicht so
sehr als auf dem aus Bayreuth: ich meine, ich liebe Sie beide immer150,15
stärker, je öfter ich Sie sehe.


Leben Sie wol, mein Theuerer! Alles was ein treues Herz Ihnen
wünschen kan, das wünsch’ ich Ihnen — alles was ein warmes Ihnen
geben kan, das geb’ ich Ihnen, nämlich das Herz selber. Und so ruhen
wir ewig an einander, während der dünnen bunten Seifenblase des150,20
Lebens und während der künftigen Seifenblasen, die das Meer der
Ewigkeit auftreiben wird. Denn wir Menschen denken nicht daran, daß
wir nicht 1 Leben haben, sondern 10000 etc. — daß unsere Existenz zwar
in der Vergangenheit, aber nicht in der Zukunft Gränzen hat — und
daß wir zwar keine Zeit haben, aber doch eine Ewigkeit. — Gute150,25
Nacht, mein Emanuel!



Ihr
Freund
Richter

[Adr.] Herrn Emanuel Samuel Junior in Bayreuth frei. 150,30
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Emanuel. Hof, 31. Januar 96. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_226


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 2. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1958. Briefnr.: 227. Seite(n): 150 (Brieftext) und 439 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: SBa. 2½ S. 4°; Adresse auf der 4. S. J: Denkw. 1,42×. A: IV. Abt., II, Nr. 70. Vermerk Emanuels auf H: beantw. d. 6. Febr. 96.

150,5 Albrecht Otto, vgl. 144, 24–27. 8 Pisangblatt: dazu Randvermerk Emanuels: „Eine Schürze für seine Mutter.“ Vgl. 153,7 .