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Korrespondenz

Von Jean Paul an Theodor Christian Ellrodt. Hof, 23. Februar 1796.

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[ Hof, 23. Febr. 1796 ]
158,2

Meine Komizialferien werden von Terzienuhren gemessen: ich mus
der Zeit die Schäfersekunden zu Briefen d. h. zu Freuden eilig ent
reissen. — Für Kinder sind Geschichten von Kindern, die etwas wurden, 158,5
besser als die von Männern: man solte solche Geschichten bei der
Majorennität des Helden abschneiden: so interessiert [sie] nur kind
liches Glük, nicht bürgerliches. — Die Botanik [ist] ein Nous ne
savons quoi,
ein verstektes Souterrain für Gelehrte — Fragen ohne
Auflösung, damit sie den Lehrer fragen — Spiele vorschlagen, die158,10
Geschichten vorstellen — Ein Knabe wuste nicht, was ein Obser
vatorium sei — Knabe vol orthographischer Fehler — Schon die
Kindheit wird mit piis fraudibus klug und der optische Betrug des
Lehrers sticht den kleinen Augen den momentanen Staar — daß ich
Ihnen die Praxis in den Kopf mehr als in den Busen schiebe. —158,15
Unglüksfälle erdichten, um sie zu warnen. — Für junge Zuhörer ist
Länge, [für] junge Leser Kürze nüzlich.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Theodor Christian Ellrodt. Hof, 23. Februar 1796. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_244


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 2. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1958. Briefnr.: 245. Seite(n): 158 (Brieftext) und 442-443 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

K (nach Nr. 256): Elrodt 23 Feb.

Erst mit Nr. 255 abgeschickt. Die hier gegebenen Ratschläge für Ellrodts Jugendkalender (s. zu Nr. 155) wurden in dem Jahrgang 1798 (1797 erschien nur eine Titelauflage des vorjährigen) zum Teil befolgt; es findet sich darin u. a. eine „Kleine Bildergallerie merkwürdiger und berühmter Kinder“ (der Jahrgang 1796 hatte die Geschichte des Papstes Sixtus V. gebracht), eine Beschreibung von Giftpflanzen (Ellrodt gab 1798 eine „Flora des Fürstentums Bayreuth“ heraus), ferner „Fragen an Kinder“, ein Knabenbrief voller orthographischer Schnitzer und die Erzählung zweier Unglücksfälle von Kindern. Vermutlich geht auch die satirische „Erfindung eines Maschinen-Mädchens“ auf Jean Pauls Anregung zurück, vgl. die Satire vom Maschinen-Mann in der Auswahl aus des Teufels Papieren (I. Abt., I, 544—551).