Von Jean Paul an Christoph Otto und Renate Otto. Hof, 22. März 1796.
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Ich habe kaum eine Sprache für meinen Dank. Sie schicken mir
einen seeligen Morgen zu und opfern den Ihrigen auf: es thut mir169,5
wehe und wol zugleich, wenn ich mir Sie vorstelle, wie Sie
froh und
gern für Ihren magern Freund den ganzen Morgen
arbeiten. Beste,
Geduldige, was kan Ihnen der arme Paul dafür geben und thun, da
er
nichts hat als seine Freundschaft, die Sie schon lange haben? —
Ich wünschte, heute wäre wieder Ihr Geburtstag, damit ich
Ihnen169,10
alle Ihre Wünsche doppelt wieder geben
dürfte. Lassen Sie mir Ihre
gute Hand, an der ich durch so
viele Jahre schon gieng, auch auf dem
Wege über mein neues.
Und du, guter Himmel, gieb ihrem sanften
Herzen immer die
Freude, die sie so gern austheilt, und ihr Lebenstag
sei
ein Johannistag, lang und vol Blüten und ohne Wolken und169,15
warm und stil, und abends sei die Wolke aus goldenem
Abendrothe,
die sie wie uns alle bedekt!
Ihr Freund
Und wie wil ich Ihnen, bester Christoph, genug danken? Sie be169,20
schämten meine neuliche jämmerliche
Gabe der Fruchtstücke mit
wahren Früchten zu sehr. Dieses Ananasgebäk ist für mich
ein Liebes
mal im eigentlichen Sin. Da
ich schon gestern meinen Geburtstag
feierte: so hab’ ich
heute den Wiedergeburts- oder Tauftag, der alle
mal besser ist als jener, und an dem man, wie Sie mit mir
thun, in169,25
ein schönes Gefängnis bei (Lebens) Wasser
und (Himmels) Brod
gesezt wird. Auch meine Mutter läst
Ihnen danken. — Nehmen Sie
mir nie Ihre Freundschaft, aber lassen Sie einmal die
Reihe, eine zu
beweisen, auch an mich gelangen. Von ganzer
Seele und ganzem
Herzen169,30
Freund
Richter
Abends komm’ ich.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Christoph Otto und Renate Otto. Hof, 22. März 1796. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_270
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
J: Täglichsbeck S. 80. Adr.: An Frau Otto und H. Otto. 169,8 Paul 12 an] in 17 Sie