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Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt und Wilhelmine von Kropff. Hof, 13. September 1796.

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Hof d. 13 Sept. 1796 .
244,2
Geliebte Freundin, und geliebter Freund,

Räumen Sie in Ihrem melodischen Doppelchor der Freundschaft
auch meiner schwachen Stimme eine Stelle ein! — Ich schreibe an Sie244,5
beide auf einmal um Sie zu bitten, daß Sie beide mein bisheriges
Schweigen — nicht so wohl vergeben als — erklären. Eben da ich von
so vielen Briefstellern um mich her auf einmal verklagt werde: so
liegt in der Menge der Klagen die Antwort auf jede. — Ein neues
langes Werk hat mich und meine Kräfte verschlungen; kaum kan ich244,10
mit dem Kopfe aus dem Krater meines Vulkans heraussehen. Ich wil
aber herausfliegen und in wenigen Wochen gewis nach Bayreuth an
zwei so theuer geliebte Seelen eilen.


Du, mein Ahlefeld, hast einige Entschuldigung deiner stummen
Durchfarth im Ziel und in der Mitternacht. Es ist freilich leichter, mich244,15
zu besuchen, wenn man nach Berlin als wenn man nach Bayreuth
geht.


Sie, verehrte Minona, müssen mir nicht länger den frohen Anblik
Ihrer Worte entziehen. Ach ich liebe und schäze sie so sehr!


Otto war nie Hofmeister — privatisiert ohne Amt hier und lebt blos 244,20
der Familie, den Musen und den Wissenschaften: sein ältester Bruder
ist praktizierender Advokat, sein jüngster Kaufman.

Leben Sie beide froh in der hohen geistigen Harmonie, in deren
Dreiklang ich als der dritte Ton bald kommen möchte!


Leben Sie froh!244,25


Jean Paul
Fr. Richter

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt und Wilhelmine von Kropff. Hof, 13. September 1796. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_406


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 2. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1958. Briefnr.: 407. Seite(n): 244 (Brieftext) und 475-476 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Williams College. 4 S. 8°. K: Ahlefeld, Kropf. 13 Sept. 96. J: Carter Nr. 8. B 1: IV. Abt., II, Nr. 131. B 2: IV. Abt., II, Nr. 140. 244,8 Briefstellern] Schriftstellern K 13 eilen] aus fliegen H

Ahlefeldt hatte sich in B 2 entschuldigt, daß er auf der Reise von Berlin nach Bayreuth in der Nacht (10./11. Sept.) Hof ohne Aufenthalt passiert habe, und Jean Paul gebeten, nach Bayreuth zu kommen. 244, 9f. Ein neueslanges Werk: Titan. 20–22 Die Auskunft über die Ottos scheint auf eine nicht erhaltene Anfrage Minonas zu antworten; sie suchte vielleicht nach einem Hofmeister für ihren Sohn, vgl. zu Nr. 392.