Von Jean Paul an Charlotte von Kalb. Hof, 17. April 1797.
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[Kopie, z. T. Konzept]
[In der Mitte der Messe werde ich — wenn das Wetter so schön
ist
wie meine Aussicht — nach Leipzig eilen — dan bekommen
Sie den
ersten Brief von mir. —] vor der weiten
lichten Natur. Ich möchte
Ihnen die Stellen meiner
Jugendträume zeigen, um in diese wieder
einzuschlummern. Eine
magische Ebene und auf ihr der Frühling und322,15
auf beiden
Sie — [Gegen Sie allein sündige ich am wenigsten durch
Schweigen. Ihnen sage ich alle]
Geringfügigkeit[en] meines Schiksals;
[z. B. ein Magister auf der Universität Erlang lieset über
meine
Aufsäze ein ästhetisches Kolleg.] — Ihre
einzige Ermattung ist der
Wahn, sie zu haben.
[Ihrer Seele fehlt nicht das Feuer der vorigen322,20
Zeit, sondern nur der Gegenstand desselben, darum verglüht sie
in
sich selber. — Wie kan Ihre feste Seele an mir verzagen?
— Ihre
Briefe befestigen mich.]
H[erder]
schick[e] mir aus seinem Hause
ein
Blat, es wird mir ein Oelblat, ein Palm- und Rosenblat sein.
An
Lavater gefält mir nichts als seine Physiognomik und seine
Physio-
322,25
gnomie, stat einer zu gespanten
Phantasie würd’ ich ihm eine zu
schlaffe vorwerfen. Schwäche
ist die sumpfige Quelle seiner Gebrechen.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Charlotte von Kalb. Hof, 17. April 1797. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_590
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K (nach Nr. 578): d. 17 Ap. Kalb. i 1 und i 2 (nicht nach K): Denkw. 2,44 (12. April 1797). i 1, anscheinend ein früherer Entwurf, lautet: Ihren lieben Brief beantworte ich diesmal nicht drei Wochen sondern drei Stunden nach seinem Empfang. Wie lieb’ ich diese Medaillons, die mir Weimar zum Andenken noch gibt! Vor allen Dingen meinen Einfall oder meine Frage! ich will! ich will auf die Leipziger Ostermesse — dort finde ich die Spaziergänge wieder, auf denen ich die Rosenstunden verlebte, aber ich möchte noch jemand finden, dem ich die Stellen meiner Jugendträume zeigen könnte, Dich. Ist das unmöglich? Ich sehne mich, denn die bisherige Aussicht ist keine für uns. Weimar wird mir durch Ihre Topographie davon und durch Ihre Entfernung so bleich und kalt, daß ich am Ende gar nicht hinkommen werde. Die in eckigen Klammern eingeschobenen Sätze stehen in i 2 als besonderer Absatz voran. 322,17 alle] die K 18 Erlangen i 2
322,11 Mitte der Messe: Mitte Mai 1797. 18 Magister: Hagen, s. 330, 21 und Nr. 724†. 25–27 Lavater: vgl. I. Abt., XI, 288, 6–11 .