Von Jean Paul an Franz Bülau. Hof, 17. Juli 1797.
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Ein so bescheidner Ton sezt mehr Verdienste voraus als er eingesteht.
„Nur ein Pastor“ — sagen Sie lieber „nur ein Kammerherr“. Auf
den
Landgeistlichen — auf den Stadtgeistlichen weniger —
sezt der Genius
der Menschheit oder des Jahrhunderts die
Hofnung des Ersazes für die
Schule, für die Freiheit, für das
Licht, die noch alle dem sterbenden349,20
Jahrhundert fehlen.
Die Kanzel ist der Buchladen des Volks, wie der
Buchladen die
Kanzel der höhern Stände sein solte. Freilich ist die
Reform
der moralischen Proselyten erst durch die Reform der Heiden
und Christenbekehrer möglich. — Der bürgerliche Rang der
Ver-
schleierten ist nicht so hoch wie ihr
geistiger. Möge sie vor dem Auge349,25
des Danks den Schleier
aufheben! — Kein kränklicher Körper ist der
lezten Grube des
Menschen so nahe als ein fester gesunder.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Franz Bülau. Hof, 17. Juli 1797. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=II_662
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K (nach Nr. 663): Bülau 17 Jun. [!] i: Wahrheit 5,235. B: IV. Abt., II, Nr. 210.
F. Bülau, Pastor in Anhalt-Zerbst, wohl ein Sohn des 1774 verst. Professors der Rechte Joh. Jak. Bülau in Zerbst, hatte den Brief der Fürstin an Jean Paul übersandt und ihm auch seinerseits Verehrung und Dank ausgesprochen. „Ich gehöre zu einem Stande, dem Sie oft bittre Wahrheiten sagen, ... ich bin — ein Landprediger. Aber kein Adjunktus Graukern [s. I. Abt., V, 366]; eher möcht’ ich dem Pfarrer Fixlein zu Hukkelum wenigstens darin ähnlichen, daß mir ein früher Tod bevorsteht, den keine leere Ahndung mich fürchten läßt, den aber ein kränklicher Körper mir täglich predigt ... Ich weiß nicht, ob sich die Verfasserin der Inlage genannt hat, und darf sie daher nicht compromittieren. Nur so viel: es ist eine Dame, die ihr Rang und bürgerliche Verhältnisse von mir entfernen, deren erhabener Geist und vortreffliches Herz aber mich zu ihr hinzieht.“