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Korrespondenz

Von Jean Paul an Friedrich Wernlein. Berlin, 31. März 1801.

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[ Berlin, 31. März 1801 ]

Lieber Duzbruder! So sehr ich auch seit unserer Unsichtbarkeit verändert worden, so hab’ ich doch nicht genug, sondern wil mich jezt selber verändern — nämlich verehelichen. Ich mache daher meine Braut zuerst zur Witwe und bringe sie in die Witwen-Assekuranz; dazu gehört nun mein Taufschein, worin (nach dem W. Kassenreglement) die Zahlen mit Worten geschrieben und der noch ausserdem von der Orts-Obrigkeit als Rükbürgen des Geistlichen unterzeichnet sein mus. Um diese doppelte schnelle Besorgung und Bezahlung bitt’ ich dich; leztere giebt dir Emanuel wieder zurük.

Mit sonderbarem Gefühl blick’ ich in eine so weite dämmernde Zeit hinter uns zurük. Wie hat sich seitdem das Leben umgearbeitet, umgestürzt und gesichtet! Vom Höfer Paul ist nichts mehr übrig als die vordere Zahnlücke; von dir, glaub’ ich, die Zähne, die immer am lezten verwittern.

Was macht Prükner und wozu ist er seitdem gemacht worden?

Ich möchte einmal nach Wonsiedel.

Lebe recht wohl und überzeuge mich durch einige Zeilen, daß du noch eine Hand hast und einige Finger daran. Ich meines Orts überzeuge die Welt jede Messe davon. Adio! —


Richter
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Friedrich Wernlein. Berlin, 31. März 1801. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_108


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 112. Seite(n): (Brieftext) und (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: ehem. Frau Oberst Lindhammer, München. 2 S. 8°. K: Wernlein 31 M. A: IV. Abt., IV, Nr. 116. 60, 3f. verändert worden] mich verändert K 10 schnelle] nachtr. H 14 Paul K 15 vordere Zahnlücke] aus Zahnlücke vorne H 19 Zeilen] Worte K

H stammt aus Jean Pauls Nachlaß, da Wernlein das Blatt mit einem tief gekränkten und kränkenden Briefe zurückschickte, weil es „seinen älteren und freundlichern Brüdern zu unähnlich“ sei, um ihnen zugesellt zu werden; vgl. 31, 23–25, 73, 9f. und Bd. II, 362,5–7. Der verlangte Schein wurde durch „die patriotischen Wunsiedler mit der freudigsten Beschleunigung ausgefertigt“ (Otto 4,22). 60, 17 Prückner: s. Bd. I, Nr. 90, 145, 4 †.