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Korrespondenz

Von Jean Paul an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 4. Mai 1801.

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Allergnädigster König und Herr,

Ihro Majestät geruhen die unterthänigste Bitte eines Mannes anzuhören, der sich nicht blos durch den Wohn- sondern auch durch den Geburtsort und noch mehr durch die Gesinnung, des Glückes Ihrer Regierung erfreuet. Ich bin ein armer Pfarsohn aus dem Bay reuthischen; der frühe Verlust des Vaters wurde nicht mir, sondern durch mich ersezt meiner Familie. Durch einen langen einsamen litte rarischen Fleis und durch das Opfern aller geselligen Freuden wurd’ ich zu der Zeit schon Schriftsteller, wo man sonst noch Leser ist. Erst nach einem langen Verarmen und Mislingen gewann [!] ich mit meinen ästhetischen Werken das kleinere höhere Publikum und später ein grösseres; aber da mir ihr Zwek, den sinkenden Glauben an Gottheit und Unsterblichkeit und an alles was uns adelt und tröstet zu erheben und die in einer egoistischen und revoluzionairen Zeit erkaltete Menschenliebe wieder zu erwärmen, da mir dieser Zwek wichtiger sein muste als jeder andere Lohn und Erfolg meiner Feder: so opferte ich diesen und Zeit und Gesundheit dem höhern Ziele auf und zog die längere Anstrengung dem reichern Gewinste vor. Jezt indessen, da ich in die Ehe trete, wo die eigne Aufopferung nicht bis zur fremden gehen darf, verspricht mir mein Gewissen einige Entschuldigung, wenn ich vor dem Throne, der so Viele zu erhören und zu beglücken hat, auch meine Bitte um eine Unterstüzung, welche die wachsenden Jahre nöthiger machen, die unterthänigste Bitte um eine Präbende hoffend niederlege. —

Immer wird der freudige und dankende Antheil an der Glükseligkeit meines Vaterlandes derselbe bleiben, wie auch das Recht und die Güte entscheide die persönliche von

Berlin d. 4. Mai. 1801.
Ihro königlichen Majestät
Treugehorsamsten Jean Paul Fr. Richter.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Friedrich Wilhelm III. Berlin, 4. Mai 1801. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_124


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 128. Seite(n): (Brieftext) und (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Staatsarchiv, Berlin. 4 S. 4°. Präsentat: den 12 Mai 1801. K (nach Nr. 128 K 2): König 4 Mai. i: Wahrheit 6,182. A: IV. Abt., IV, Nr. 135. 67,34 blos] nur K 68,3 des] meines K 6 noch] erst K Erst bis 7 gewann] Durch ein langes Verarmen und Arbeiten gewan K 9 ihr Zwek] mein Ziel K sinkenden] gesunkenen K 11 einer] dieser K 12 dieser Zwek] verb. in dieses Ziel K wichtiger] lieber K 13 muste] aus muß H, mus K Erfolg meiner Feder] Zwek K 14 diesen bis Ziele] dem höhern Ziele jedes andere [aus alles], Zeit und Gesundheit K 14 zog] danach gern K 17 verspricht bis Entschuldigung] glaub’ ich bei meinem Gewissen entschuldigt zu sein K 18 Viele] aus viele H, viele K 22 der freudige und dankende] mein dankender und froher K

In der kühl gehaltenen Antwort erklärt der König, Richter könne auf besondere Gnadenbeweise rechnen, sobald sich, nach Befriedigung früherer Ansprüche, dazu Gelegenheit finden werde; er sei zu einer Präbende notiert. Vgl. 73, 28ff. und Bd. VII, Nr. 117.