Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt. Meiningen, 12. Juli 1801.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
Lieber Ahlefeldt! Ich danke dir für alle Briefe, die du mir ge
schrieben und spediert hast. Meine Historien, aber nicht
Gefahren
sondern Freuden zu Wasser und zu Lande soltest du
bei Mayer ab-
86,1
holen, wohin sie C. geliefert hat. Das Maileben in Weimar ist
keiner
Wiederholung fähig. Meine C. gewint
alle Menschen, die Herders,
die Meininger und besonders — mich. Die Ehe ist die Reife der
Liebe,
die frühere Zeit nur das grüne sauere Blatwerk dazu. — Meine
ge86,5
fundnen Bücher schenke einem,
der sie am besten geniessen wird,
deinem — Müller; (ernstlich — Er mag
sie dan versilbern —) So
auch einen alten Sommerrok; und noch meinen herzlichen Grus
an
diesen biedern Diener dazu. — Ferner einen rechten an die
wizig
phantasierende Klenke und dan die erwiederten Grüsse an alle die,
86,10
welche dir in deiner auf einen Dualis eingeschränkten
Einsamkeit
die an mich mitgegeben haben. Indes hab’ ich
nichts, wie du meinst,
gegen deine jezige Eremitei, wenn du sie
mässig brauchst und wenig
stens Vor- und
Nachmittags ausgehst. —
Schreibe mir aber einmal ernstlicher und faktisch über dein Leben86,15
und Weben, ob du einen neuen Lebensplan gezogen u. s. w.
Was thut Merkel? — Mahlman, diesen eiteln engen
Nachempfind-
ler, beurtheil’ ich wie damals als ich Ernestinen abrieth; blos seine
bürgerliche Thätigkeit und Kentnis ist sein ächterer
Werth.
Ich vergas daß ich keinen Plaz mehr hätte. Ich wolte noch allerlei86,20
sagen. Ich lebe seelig unter Büchermachen und lesen und
Liebe.
Mög’ es dir eben so wohl gehen! Ich danke dir noch
einmal recht
von Herzen für alle deine Liebe und Gefälligkeit
gegen mich von der
ersten an bis auf die lezte des Einpackens.
Grüsse und tröste auch den
mir unvergeslichen leidenden
Gärtner.
86,25
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt. Meiningen, 12. Juli 1801. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_162
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Berlin acc. ms., o (VIII) (derzeit BJK). 3 S. 8°; auf der 4. S. Adr.: H. A. v. Ahlefeldt. K: Ahlefeld 12 J. J: Dietmar Nr. 8×. B: IV. Abt., IV, Nr. 147, 153, 155. 86,5 Blätterwerk K 13 jezige] nachtr. H, fehlt K 13f. wenigstens] aus doch H
86,5 f. In Jean Pauls Kleiderschrank in Berlin hatten sich noch ein Fixlein und ein Klaglied gefunden. 9f. Ahlefeldt hatte ein „unverschlossenes Palmblatt“ der Frau v. Klencke an Jean Paul übersandt. 17–19 Mahlmann und Ernestine Maier hatten am 9. Juni 1801 in Berlin geheiratet; vgl. 42, 26–29. 24f. Der Gärtner Hempel (s. Bd. III, Nr. 479, 373,22†) hatte sich durch einen Sturz verletzt.