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Korrespondenz

Von Jean Paul an Emanuel. Meiningen, 4. Juni 1802.

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M[einingen] d. 4. Jun. 1802.

Eben hab’ ich Ihren Papier- und Ollapotridas Kasten — d. h. 301 Hofnungen — ausgepakt. Dank, Alter, Rechter! Der nur 1 Fehler hat, den ich Ihm einmal sage; indes vor mir niemand lange — ich gar nicht — aushält, ohne erbärmlich zu zergehen in viele Schlacken. Z. B. Unser geliebter Thieriot thut mir wehe und schmilzt vor mir durch eine gränzenlose Eitelkeit, die ich ihm einmal nebst andern Fehlern des Fragmentarischen, der Wissenskälte u. s. w. vorhalten wil. Sie haben die seltenere Kraft, keine Tugend, aber nicht die gemeinere, keinen Fehler zu übersehen. —

Auch in der Musik verdirbt ihn das Lob, und nur das tonreiche Paris heilt ihn vielleicht — Höheres giebt es nichts, Emanuel, als Freude zu geben, ohne ihren Wiederschein zu geniessen — Sie thun Ihre gute That gegen O[tto] doppelt, wenn Sie allein darüber froh zu sein vermögen. Ich kan Ihnen nicht sagen, wie mich Ihre wehmüthig freudige Stelle in Ihrem Briefe schmerzlich-freudig ergrif und an Ihre schöne, warme Seele zog. —

Meine C. mag Ihnen Dank und Neuigkeiten schreiben. — In der Schnelle, abends, da kein Briefpapier wieder da war, nahm ich was ich hatte von Papier, nicht das reinste. — Apropos. Ihr Schmetterlings-Sonnenschirm für Luise ist so reizend 〈geschmakvol〉, daß ich Sie bitte, sogleich meiner C. einen zu schicken, obwohl unter der absoluten Bedingung meiner Bezahlung. Ich bitte Sie sehr, thun Sie beides. —

Leben Sie wohl, Alter, Guter! Grüssen Sie Renata! O Gott, viel leicht mach’ ichs, d. h. im Herbste eine Reise durch meine Vorzeits-Oerter, Hof, Wonsiedel etc. und Emanuel sizt mit auf dem Kutschkasten.


R.

Apropos! Der Herzog entschuldigt sein Schweigen und bittet, es 〈den Vergleich〉 — wenn nichts schon geschehen — so ruhen zu lassen. — Über die partheilichen Richter, sagt’ er, irren Sie; mehr als die Hälfte waren aus Gotha.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Emanuel. Meiningen, 4. Juni 1802. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_280


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 286. Seite(n): (Brieftext) und (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: SBa. 3½ S. 8°; fleckig. Vermerk Emanuels: 15ten h. beantw. (nicht erhalten) K: Emanuel — J: Denkw. 1,106× (28. Apr.). B: IV. Abt., IV, Nr. 232. 151,22 Ollapotridas] davor gestr. Potpu H 24 vor] aus bei H 29f. gemeinere] davor gestr. häufig H 31 tonreiche] aus reiche H 32 Höheres bis 33 geben] Die höchste Freude ist, sie zu machen K

151,26 ff. Thieriot war Ende Mai in Bayreuth gewesen; Emanuel hatte ein Blatt der Bayreuther Zeitung (v. 29. Mai 1802, Nr. 105) geschickt. worin Thieriots Violinspiel gerühmt wurde. 33ff. Otto war der ihm durch Emanuel verschafften Stelle als Regimentsquartiermeister nicht froh; Emanuel hatte geschrieben: „Kein Vater, kein Gott kann mehr für sein Kind, d. h. mit reinerer Absicht wirken.“ 152, 6 Luise Heim.