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Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Berlin, 2. Dezember 1800.

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Berlin d. 2. Dec. 1800 .

Mein geliebter Vater! Wie ein Kind zeig ich Ihnen jede Blume, die mich das Schiksal auf dem Abhange des Lebens finden lässet; diesmal gab es mir eine immerblühende an das Herz. Die beiliegende Karte sagt den Rest. — Alle meine Prüfungen und Irthümer waren nur die oft gebogne Allee zu dieser Seele, die alle meine Wünsche und Träume erfült.

Vom Vater sol ich Sie herzlich grüssen.

Hätte Berlin Berge und bitteres Bier — lauter B’s —: so trät’ ich nicht aus den magischen Kreisen, die mir nicht einmal ausser sich, wie sonst die in der Christnacht, Teufel zeigen. Sogar in die gelehrten Kränzgen bin ich jezt eingeflochten als ein Dorn und Stiel. Aber ich fliege im Frühling auf mit meiner Braut — sagen Sie mir, Vater, die beste Stadt! —

Unsere geliebte Königin — mit deren herlichem Bruder ich wöchent lich zusammenkomme bei der Fr. v. Berg, Ihrer Freundin — sandte mir durch ihn als Heirathsgeschenk ein silbernes Thee- und KaffeeService, so schön wie die Hand, die es gab.

Die Corday, guter Vater, kont’ ich Ihnen nicht schicken, da ich das einzige Exemplar, das ich bekommen, der Herzogin v. Weimar lassen muste.

Mit Rührung und Verehrung treff’ ich und Ihre Freunde und Freundinnen zusammen und wir haben alle für Gleim nur ein einziges Herz.

Leben Sie wohl, geliebter Vater! Die rollende Erde trage Sie wiegend und ohne Erdstösse um die Sonne! —


Jean Paul Fr. Richter
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Berlin, 2. Dezember 1800. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_42


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 44. Seite(n): (Brieftext) und (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Gleimhaus, Halberstadt. 3½ S. 8°. In der beiliegenden gedruckten Verlobungsanzeige hat Jean Paul nach meldet handschriftlich eingefügt: seinem geliebtesten Gleim. K (nach Nr. 37): Gleim 2 Dec. J: Körte×. (Wiederabgedr.: Denkw. 3,66×.) A: IV. Abt., IV, Nr. 56. 25,33 auf dem] am K 26,7 einmal] nachtr. H

26,5 Gleim war mit Mayers verst. Mutter befreundet gewesen, s. Nr. 278†. 16–18 Vgl. 9, 30f.