Edition
Korpus
Korrespondenz

Von Jean Paul an Caroline Herder. Coburg, 13. März 1804 bis 14. März 1804.

Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



Koburg. d. 13 März 1804.

Liebe theuere Herder! Der leztere Name muß jezt Ihr geliebtester höchster Titel sein. Mit inniger Freude empfang’ ich jeden Brief von Ihnen und schon das schöne Siegel würde mich erfreuen — ohne die Farbe. — Ich will alle Punkte beantworten.

An Jacobi werd’ ich um die Briefe schreiben. Aber wie können Sie bei seiner Kränklichkeit und bei der Schwierigkeit überhaupt, Papiere unter Papieren auszufinden, etwas anderes voraussetzen als Verzögerung? Wenn er mir im Herbste auf ein Blatt vom Frühling antwortet, so wundere ich mich schon über seine Eilfertigkeit. — Auch Hamans Briefe an Herder würden Stellenweise und so weit man nicht kompromittiert diese beiden prophetischen Geister in hohem glänzenden Bunde zeigen. — Zur bloßen Mühe einer Revision erbieth’ ich mich freudig; aber zum Muthe, in einem Blumenbeete einen gemächlichen Gang für die Lesewelt platt- und einzutreten, werden mir die Kräfte fehlen. Die kritischen Wälder hält sogar die neueste Schule für sein genialischtestes [!] Werk. Wenigstens muß ich ein fremdes sehr bestimmtes Amputazions-Reglement vorher erhalten. Sie kennen doch alle Seine Werke? Im Museum deutscher Gelehrten stehen sie alle. —

d. 14. März.

Seine wenigen Zeilen an mich werd’ ich alle — Gott geb’ es — bringen, statt schicken. Käm’ ich jezt noch während Ihrer Gegenwart im alten Hause nicht nach Weimar: es wäre dann gar zu schmerzhaft, vor jenem Hause wie vor einer versperrten Vergangenheit der schönsten Tage vorbeizugehen. — Eben erhalt’ ich einen Brief von Jacobi, worin er mir von dem seinigen an Sie und der Erfüllung des Ihrigen schreibt. —

Hier folgt das bestimmtere Verzeichniß Ihrer Bücher, die ich noch habe, für den Katalog.

Ihr Trost kan jezt nur in Handlungen und in Erinnerung der vergangnen wohnen. Denken Sie sich den Edeln als eine zweite Gottheit, die Ihrer Einsamkeit zusieht und vor welcher Sie leben. Ja — wenn einmal das Leben hinüberreicht ins zweite — so kan dieses wieder in unseres hereinreichen und wir können, wenn wir hier durch Worte und Gestalten mit Geliebten zusammenlebten, vielleicht (wer will dieses Vielleicht widerlegen) sogar hier durch Gedanken mit ihnen im Lande der Geister zusammengehören. Und dann haben Sie Ihren Herder überall um sich. Gott tröste auch die herliche Luise, die ich jezt ordentlich noch mehr liebe, weil ich weiß, welcher schwere, schwere Grabstein auf den schönsten Blumen dieser liebenden Tochter nun liegt und drükt. — Ihren vortreflichen Doktor grüss ich recht herz lich. — Meine Caroline grüsset Sie alle durch mich.


R.
Zitierhinweis

Von Jean Paul an Caroline Herder. Coburg, 13. März 1804 bis 14. März 1804. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=IV_451


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952. Briefnr.: 458. Seite(n): (Brieftext) und (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin Herder (derzeit BJK). 4 S. 8°. K (nach Nr. 452): Die Herd. 20. [!] März. B: IV. Abt., IV, Nr. 321 und 334. 281,10 vom] aus im H 11 — Auch] davor gestr. Indeß H 12 Hamans] aus Hamanns H Herder] aus Ihn H 14 bloßen] aus blossen H 22 Datum nachtr. H 27 vorbeizugehen] vorübergehen K vom H 28 des Ihrigen] aus Ihrer B[itte] H 36 hier] nachtr. H durch] aus mit H

Hier zuerst teilweise Durchführung der neuen Rechtschreibung (muß, will, setzen, Blatt, bloßen, platt, bestimmtes usw.); s. 284, 2f. — Karoline hatte ihn gebeten, bei der Gesamtausgabe von Herders Schriften die Revision eines Werks, der Fragmente oder der Kritischen Wälder, zu übernehmen, ferner ihr mitzubringen, was er von Briefen Herders besitze, und ein gutes Wort für sie bei Jacobi einzulegen, den sie um Herders Briefe an Hamann gebeten, der ihr aber nicht geantwortet habe. Von der Bibliothek, die versteigert werden solle, werde jetzt der Katalog gedruckt. Sie ziehe zu Johanni für immer von Weimar fort. 281, 20 Museum deutscher Gelehrten und Künstler, Breslau 1801—03 (von G. G. Fülleborn). 27 Brief von Jacobi: an J. P. IV. Abt., IV, Nr. 332.