Edition
Korpus
Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Adam Lorenz von Oerthel. Hof, 6. Februar 1786.

Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



Hof den 6 Jenner [vielmehr Febr.] 86.
196,7
Lieber Oerthel!

Bist du es aber noch? Denn du schweigest einmal wieder und über
lässest, in deine geistigen Wollüste vertieft, deinen Körper einer zögern196,10
den Trägheit: daher lässet es sich gut erklären, warum du gar nicht im
Stande bist, deine Hände so lange in Bewegung zu erhalten, daß der
1. Theil der Skizen wirklich eingepakt und mir übersendet wird. Ich
brauchte ihn so nöthig für iemand, daß ich längst meine Bitte um ihn
wiederholet hätte, wenn ich nicht einige Tage verreiset gewesen wäre. 196,15
Ich kritisire dich, damit du mich kriti[si]rest; und ich hoffe wenigstens
ein Stük deiner Arbeiten an meinen, bald zu erblikken. — Wie viele
Gewalt erhält von Tag zu Tag der Geiz über den „Gegenstand des
schwarzen Buches“! Sonst schlos er blos seine Schäze vor denen, die
sie begehrten, ein; iezt geht er noch weiter und wil sogar den besten 196,20
Kopf, den er hat, der aber nicht von Gold ist wie die in seinen Kästen,
für sich allein behalten und veranstaltet es daher, daß du wirklich
20 Meilen von mir entfernet wohnest. Lebe wol.



Richter

Verte subito.
196,25

Rückseite:

Um den St. Moses Mendelssohn möcht’ ich dich bitten,
oder um Platner, wenn er gebunden ist. Du hast doch neulich deine
2 Bücher, den Feder und Kant, bekommen? Übrigens fürcht’ ich, daß
wir in den Zufal, der bisher unsere Briefe ungeöfnet an uns beide
gelangen lassen, nicht mehr so viel Vertrauen sezen dürfen. Lebe noch 196,30
einmal wol; das erstemal meint’ ich die Seele und schreib mir einen
Brief, der offenbar zu lang ist.


Fürchte nicht daß mein Bruder den Brief gelesen; er denkt, er ist
griechisch; und er ist es auch.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Adam Lorenz von Oerthel. Hof, 6. Februar 1786. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=I_147


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 1. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1956. Briefnr.: 147. Seite(n): 196 (Brieftext) und 472 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin JP. 2 S. quer 4°. K: An Oerthel den 5[?] Febr. J 1: Wahrheit 4,46×. J 2: Nachlaß 2,324×. A: IV. Abt., I, Nr. 53. 196,9 noch] auch K 12 Hände] aus Finger K

196,15 verreiset: wohl nach Rehau, wohin ihn Pfarrer Vogel am 25. Januar 1786 eingeladen hatte, oder nach Wunsiedel, s. Nr. 180. 18f. „Gegenstand des schwarzen Buches“: ist an die in Schwarzenbach entstandenen „Mixturen“ zu denken (vgl. 199, 7)? Oder ist der alte Oerthel gemeint? Die versteckte Bezeichnung erklärt sich aus der Nachschrift. 28 Kant: vgl. 182,16 .