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Korrespondenz

Von Jean Paul an Sophie Rosine Richter. Leipzig, 3. November 1781.

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Anfang fehlt

Sie glauben [?] nicht, was mir für das Waschen meiner Kleidungsstükke drauf [?] geht; für iedes gute Hembd 1 gr. sächs., für ein par Strümpfe 2 Dreier. Wenn ich es nur allemal durch einen Fuhrman hin zu Ihnen bringen könte. Ferner: meine Wäsche zerreist auch; wenn sie nur von Ihnen könte geflikt werden. So eine weise [!] Halsbinde möchte ich noch haben; ich habe nur 2, und diese tue ich alle Tage um; da mus ich alle Wochen eine waschen lassen, und das ist sehr unbequem. — Ich wolte Ihnen das verlangte Hembde mitschikken: aber 1) ich weis nicht wie ich’s fort bringe und 2) hilft es Ihnen nichts; denn man fordert es nicht von Ihnen und Sie darfen [!] es auch nicht zurükgeben; hat ia der Riedel mehr Sachen wegge mauset; z. E. die zinnernen Schüsseln, welche seine Tochter fort getragen hat — diese melden Sie ia mit, wenn der Riedel etwan anfängt. — Ich weis gar nicht warum der Pfarrer in Rehau niemals schreibt; ich habe ihm schon dreimal geschrieben — er ist stum. Wenn Sie ihn einmal sprechen; sagen Sie ihm’s doch. Machen Sie dem Hern Rektor meine Empfelung; und sagen Sie, er sol öfters schreiben, und meinen lezten Brief beantworten. Was macht er denn? — Halten Sie ia meine Brüder recht zum Fleis an; was wolten sie denn an fangen? Lassen Sie den Gotlieb nicht studiren; er kan ein Schreiber werden. Hüten Sie Sich vor dem Zorn, und sehen Sie bei Ihrem Hineinzug nach Hof, auf Ihre Gesundheit. Sein Sie ruhig, quälen Sie Sich nicht immer mit Sorgen, lassen Sie es sein, wenn Sie auch von dem Schurken und dem Weibsbild gekränkt werden. Ach! es komt vielleicht noch ein Tag, wo Ihre Feinde nicht so glüklich sind wie iezt, und wo Sie mehr Ruhe, mehr Freude, mehr Vergnügen geniessen. Wenn Sie eine Christin sind, und dies müssen Sie sein, warlich! so wüste ich nicht, wie solche Sachen, die nichts als dies kurze Menschenleben betreffen, Ihnen soviel Unruhe machen können. Dulden Sie die kleinen Leiden, die Sie iezt treffen; erinnern Sie Sich alzeit [?] an den, der auch die geringste gute Tat nicht unbelont läst, sondern auf iedes seiner Geschöpfe mit soviel Liebe herabsieht, der für alle einen Himmel hat, der allen einen versprochen hat, und allen einen geben wird. Beten Sie: wenn Sie keinen Freund haben, dem Sie es klagen können, klagen Sie es dem Freunde aller Menschen; erwarten Sie von dem die Hülfe, die lang verzieht aber nie aussenbleibt, und denken Sie immer daran, daß auch alle unsre grösten Trübsalen uns nichts anders rauben können als das Leben, und daß hernach der Tod uns die süsse Ruhe giebt, welche uns das Leben nicht gab, daß wir hernach alle Leiden so ruhig verschlafen, bis wir dan von diesem Schlummer an ienem herlichen Tag erwekt werden, wo ein ofner Himmel den Frommen erwartet, wo der Freund den Freund, der Gatte die Gattin, das Kind den Vater wiederfindet, den es so lange verloren hatte, und wo eine ewige Glükseligkeit unaufhörlich das Herz des Frommen durchströmt und ihn für alle seine Leiden belohnt. Leben Sie wol; ich bin


Ihr
Leipzig den 3 Novemb. 1781.
geh. Sohn J. P. F. Richter

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Sophie Rosine Richter. Leipzig, 3. November 1781. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=I_15


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 1. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1956. Briefnr.: 15. Seite(n): 22-24 (Brieftext) und 425 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Goethe- u. Schiller-Archiv. 1⅔ S. gr. 4°; Anfang fehlt; die ersten Wörter des erhaltenen Blattes sind durch einen Fleck verdeckt. J: Wahrheit 3,307×. 23,17 bei] davor gestr. überal 34 hernach] aus darnach 24, 3 des Frommen] nachtr. durchströmt] aus durchströhmt

Der fehlende Anfang enthielt eine Bitte um 20 Taler, s. Nr. 18. 23, 20 Schurken: Riedel. Weibsbild: vgl. 12, 31†.