Von Jean Paul an Sophie Rosine Richter. Leipzig, 10. Juli 1782.
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Ich glaubte nicht, daß Sie über mein langes Stilschweigen un44,35
gehalten sein würden; noch weniger, daß Sie
dadurch in Sorgen
wegen meiner Gesundheit versezt sein würden.
Ihr Unwille würde nicht 45,1
so gros gewesen sein, wenn Sie vor dem
Schreiben Ihres Briefs
meinen Brief, den ich den 4 oder 5 Juli
auf die Post gegeben, erhalten
gehabt hätten. Nunmehr werden Sie
ihn schon bekommen und also die
Antwort auf Ihren Vorleztern
gelesen haben. — Übrigens hab’45,5
ichs Ihnen schon oft gesagt
und geschrieben, daß mein Stilschweigen
nie eine Krankheit zur
Ursache hat; sondern ich schreibe deswegen
nicht, weil ich
nichts zu schreiben weis. Und nur Ihr Brief giebt mir
alzeit den
Stof zur Verfertigung des meinigen. — Meinen armen
Bruder
bedaure ich; vielleicht aber hat er es doch besser, als Sie es iezt
45,10
aus Kümmernis sich vorstellen. — Er kan an einen guten
Hern
geraten sein; er kan iezt sich besser auffüren, weil er
keine mütterliche
Hülfe mehr zu erwarten hat. Daß er nicht
schreibt, erklär’ ich mir daher,
weil er oft noch, da er bei
Ihnen war, gesagt hat, er wolle nichts von
seinem Aufenthalt
schreiben. Sie brauchen Sich also nicht so sehr zu45,15
kümmern — tausend wandern wie er in der Welt herum — und was hilft
al Ihr Kümmern? — Mir aber können Sie die Schuld nicht bei
messen, daß er fort ist. Wegen meiner
Vermanung hat er sich nicht
fortgemacht, sondern weil Sie ihm
durch mich schreiben liessen, er solte
sich iezt nicht auf Ihre
Hülfe verlassen. — Und was hab’ ich ihm45,20
wegen Leipzig für
eine Antwort geben sollen? — Hier wär’ er ia nicht
fortgekommen. — Das verlangte Buch wird durch das Wäsch-
kästgen des Örtels folgen. Denn durch die
Post es zu schikken, würde
zuviel Geld machen. — Schreiben Sie mir, ob Sie meine Antwort
auf Ihren Brief durch den Herman, und diese Antwort auf
Ihren
45,25
leztern, erhalten haben. — Ich hätte noch viel Raum zum
schreiben
übrig, wenn es mir nicht an Materie fehlte. Diese
können Sie mir
geben, wenn Sie mir bald recht viel Neuigkeiten
von Hof schreiben —
auch von Schwarzenbach. — Ich bin
gehors. Son
Leipzig den 10 Juli. 1782.
Noch was — Den langen Titel auf der Überschrift Ihrer
Brief[e]
können Sie weglassen — den hat Ihnen der Rektor in
Schwarzenbach
gesagt. Sezen Sie nur darauf: An Herrn J.
P. F. Richter in 45,35
Leipzig — oder A Monsieur, Monsieur
Richter, homme de lettres 46,1
à Leipsik.
Was Sie dem Rektor wegen der Aukzion geben sollen, weis ich
nicht. Mühe hat er gehabt. Sie können ihn ia selbst darum
bitten. —
Was macht der Samuel und mein Hund? —
46,5
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Sophie Rosine Richter. Leipzig, 10. Juli 1782. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=I_27
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: Städt. Museum, Bayreuth. 1 S. gr. 4°; Adresse auf der Rücks.: A Madame Madame Richter, à Hof. Abzugeben in der Klostergasse. J: Wahrheit 3,314×. 45 , 2 ihres 5 ihren 8 Ihr bis 9 Stof] aus allemal Ihr Brief giebt mir Stof 17 ihr 25 Ihren2] ihren aus den
45 , 10 Bruder: Adam. 25 Hermann war Anfang Juli 1782 nach Leipzig gekommen (immatrikuliert am 6. Juli). 34 Rektor: Werner; vgl. 15 , 12†.