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Korrespondenz

Von Jean Paul an Christian Otto. Schwarzenbach a. d. Saale, 31. Mai 1790.

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Lieber Otto
294,10

Wenn am Mitwoche die Postmeisterin kömt: so thust du mir den
grösten Tort, wenn du — ausbleibst und nicht fähig bist, Hof einen
Wochentag zu entbehren, da ichs war, es einen Sontag zu entbehren.
Du soltest 10,000 Vergnügungen hier „haussen“ haben, wenigstens
ein halbes Vergnügen über die patriarchalische Einfalt meiner Stube 294,15
und über den Troglodyten selbst. Ich begleitete dich dan zurük bis an
meine Hausthüre und bis an — deine.


Als Rükfracht erwart’ ich den ersten Schiffer oder den Gibbon oder
den Möser oder andere, von der disciplina arcani plombierte,
Novitäten oder stat dieser Oder lauter Und’s — ein Gedanke in den 294,20
ich wie in einen Himmel hineinsehe.


— Schreib mir auch einmal und las es deinen Albrecht auch thun
— blos damit ich euere wahre Hand sehe und sie nachmachen lerne
und dan in eurem Namen Briefe an mich seze, um mir weis[zu]
machen, es sei doch noch iemand in der Welt, der an den Richter 294,25
schreibt.



Dein Freund
[ Schwarzenbach ] den 31 Mai 90 [Sonntag].
Richter


N. S. Da euch meine närrische Gestikulazion über die Suspension 294,30
meiner Bücher-Porzionen und Razionen so sehr belustigt: glaubt ihr
denn nicht, die Gestikulazion über eine unerwartete Überhäufung damit
wäre eben so angenehm wenn nicht angenehmer und neuer? Ich würd’
es probieren. — Ich wünsche, daß ihr beide nur solche wizige Einfälle
habt, die mir nüzen (ich stehe also hier mehr dem Zufalle als euerem 295,1
Willen blos): hundertmale lies ein Fürst einem armen Sünder das
Leben nehmen, weil der Zufal das fürstliche Bonmot gerade zu einem
Todesurthel machte; und eben so oft wurde das Leben gewonnen.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Christian Otto. Schwarzenbach a. d. Saale, 31. Mai 1790. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=I_323


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 1. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1956. Briefnr.: 323. Seite(n): 294-295 (Brieftext) und 511 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin JP. 1 ½ S. 4°. K (nach Nr. 321): Otto 27 [!] Mai. J: Nerrlich Nr. 1. 294,14 soltest 10,000] köntest 100 K 32 Überschüttung K

294, 14 haussen: vgl. Jean Pauls Brief an Otto v. 23. Januar 1796. 18Der erste Schiffer“ von Salomon Geßner (im 1. Band seiner Schriften, Zürich 1777).