Von Jean Paul an Birken-Union. Schwarzenbach a. d. Saale, 11. Juni 1791.
Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.
Birken-Predigt. 339,20
Seelig sind die Schwarzenbacher: denn sie haben den Birken-Prater
und Vauxhal, in den sie gehen können wenn sie wollen und in
dem alles
grün ist, das Breche gestossene Billard
ausgenommen.
Seelig sind die, die zur Birken-Union treten wollen und hier des
wegen subskribieren: denn sie können
droben ieden Mitwoch wie die 339,25
Fürsten öffentlich
essen und finden da schöne Natur und Bier genug.
Seelig ist der Birken-Maitre de plaisirs oder schottische
Meister der
Birkenloge oder der Birken-Traiteur, kurz der Repler: denn
ieder
Subskribent wird ihm für ieden Mitwoch 15 kr. zahlen und
davon kan
er sogut zehren wie die Subskribenten. 339,30
Seelig bin ich selbst: denn ich versehe iezt, stat meines alten Teufels-
Sekretariats, das Birken-Sekretariat
und bin drüben auf der andern
Seite der lezte Subskribent
und Birken-associé.
Verdamt sind blos die, die keinen Spas verstehen: denn diese ver
stehen auch keinen Ernst. —
Schwarzenbach an der Saal den 11 Jun. 339,35
1791
[Sonnabend].
Nuz-Anwendung. 340,1
Alle die — dieser Einladungs-Predigt folgen — und zur
Geselschaft tretten
wollen, müssen sich drei Lehren daraus
ziehen. 1) Äuserlichen Anstand —
besonders im Stehen — Gehen — Sprechen — Lachen — Tanzen. etc. 2) Ent
haltung des
Weins und der Liebe. etc. Die dritte und lezte aber ist die Wichtigste: 340,5
Trau—Schau—Wem. etc. Die beiden ersten sollen in der
nächsten Birken
Zusammenkunft ad Oculos demonstrirt werden — die dritte aber ist schlimm
genug
für mich — den Birkeninspektor: denn wenn der Teufel
seine Leute fort iaget, und
sie sich so dann ungebethen und
ungesuchet in ein anderes Geschäft dringen; so kan
ieder
schon selbst das Angenehme davon einsehen. Zeit und Raum machen, daß ich 340,10
den Beweis schuldig bleiben mus.
Cloeter
Da es mir scheint: daß nach den Anmerkungen des Herrn Amts
Verwalters
Clöter die neu zuerrichtende Birkengesellschaft vorzüglich
von sehr grosen Nuzzen
für unsern vortreflichen Herrn Edukationsrath Richter sein
muß; so unterschreib’340,15
ich mit doppelten Vergnügen,
weil mir das Leibes und Seelen Heil dieses mir so
lieben
Manns nicht wenig am Herzen liegt. Übrigens erlaub’ ich mir nur die einzige
Anmerkung — daß wir sogleich am nechsten Mitwoch anfangen
möchten.
Vogel
Wo nicht verdammt, doch wenigstens unartig sind die, die
nicht einmal ihren
340,20
Bogen Pappier beschneiden, auf den sie an
vornehme Herrn schreiben. Ich will
desto artiger sein
und sogleich subskribiren.
V[öl]k[e]l
An der Bircken-Seeligkeit nehme ich Antheil, und würde
sie doppelt nehmen,
wenn die in dem Billard stark geschafene Breche durch
geschickte Werkmeister340,25
ausgebeßert würde. Ich
trage zu der Ausbeßerung meinen Antheil bey.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Birken-Union. Schwarzenbach a. d. Saale, 11. Juni 1791. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=I_378
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
H: SBB, Nachlass Jean Paul, Fasz. 13c. 2 S. 2° (unbeschnitten). J: Wahrheit 4,248.
Die Birke, eine noch heute bestehende Gastwirtschaft bei Schwarzenbach, gehörte damals dem Wirt Reppler. 339, 34f. Vgl. I, Abt., II, 358,33, IX, 463,6. 340, 27 Johann Christoph Hartung, Diakonus in Schwarzenbach (Weißmann Nr. 3812). 28 Feez: s. Nr. 381†. 29 Joh. Georg Wächter, Advokat in Schwarzenbach und Hof, heiratete am 2. März 1794 Christiane Vogel, des Kommissionsrats älteste Tochter; vgl. III. Abt., VII, 374, zu Nr. 269.