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Korrespondenz

Von Jean Paul an Johann Georg Herold. Schwarzenbach a. d. Saale, 5. März 1793.

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[Kopie]

[ Schwarzenbach, 5. (?) März 1793 ]

Ich als eine bleiche Mumie, die sich täglich abbröckelt, kan von
nichts anderm als von Mumien Vater werden. Ich wünsche, daß Sie
wenigstens den kleineren Mumien eine Stelle in Ihrem Zimmer geben,373,5
in die ich sie mit soviel Vergnügen führe als ich sie machte. Wenn sie
gleich nicht so alt werden wie mein Schachantipode: so werden sie doch
nicht so jung sterben wie ihr Verfasser. — Es ist für einen, der soviel
Freuden zusammenjagt wie ich, niederschlagend, daß er denen, die sie
ihm reichen wie Sie, nichts geben kan als was jeder Buchhändler 373,10
giebt — ein Buch. Das einzige Agio, das ich diesem Scherflein beifüge,
ist das Geständnis, daß mein Herz nicht so leer ist wie meine Hände und
daß ich die Freundschaft, die ich nicht belohnen kan, wenigstens zu er
wiedern suche. Ihnen und mir wünsch’ ich auf dieser mit Staub und
Koth abwechselnden Kugel die Sonnenblicke des Schiksals, die uns mit373,15
Noth warm halten und die wir mit einem durchfrornen Dezember
bezahlen. Mir ist immer als wenn ich etwas vergessen hätte. Darunter
gehört aber nicht die Versicherung etc.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Johann Georg Herold. Schwarzenbach a. d. Saale, 5. März 1793. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=I_414


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 1. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1956. Briefnr.: 414. Seite(n): 373 (Brieftext) und 535 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

K: Herold 2 [!] März 93.

Johann Georg Herold, Kaufmann in Hof, später auch Obersalzfaktor, geb. 15. Juni 1741, gest. 8. Nov. 1805, hatte aus seiner am 10. Mai 1768 geschlossenen Ehe mit Amöne Rentsch (s. zu Nr. 359) außer einigen frühverstorbenen Kindern zwei Söhne und fünf Töchter, über die in Bd. II nähere Angaben gemacht werden. Er war ein rücksichtsloser Haustyrann, aber, wie einige erhaltene Briefe von ihm an Jean Paul zeigen, nicht ohne Bildung und Witz. — Vgl. Tagebuch, 5. März 1793: „Am Namenstag [Friedrich], dem der Geburtstag folgte, bekam ich mein gedruktes Buch; bei Herold abends.“