Von Jean Paul an Heinrich Voß. Bayreuth, 17. Dezember 1820 bis 18. Dezember 1820.
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83,21Mein geliebter Heinrich! Nur Weniges! Leider sind meine Briefe
immer nur Dankpsalmen und Bittschriften; deine aber bringen blos
und wären es
wenigstens Anekdoten. Max genießt dich und deine herr-
83,25
lichen Eltern mit dankbarer
Seeligkeit und erfreuet sich am meisten über
deine Metrik- und Aristophanes-Vorlesungen. Ich bin heute
nicht ganz
gesund, daher muß ich mir immer selber
einhelfen durch Korrigieren.
Mich wird der gedruckte
Aristophanes beseeligen und entschädigen. Denn
es ist freilich ein Jammer für mich, daß mein Komet — der
zufälliger
83,30
Weise nicht einmal im Meßkatalog stand — erst so
spät einen Stern
seher und
Kometensucher finden soll; und meine Befürchtung einer
Wiederkehr des Dappingschen Ausbleibens kommt noch dazu. Warum
will denn der Verleger gerade alle Noten auf einmal? Die unaus-
gesetzte Eile überstürmt auch dabei.
Lasse ja alle Noten weg, die ein84,1
griechischer Laie machen
könnte; die Meister lesen und meistern dich;
diese verzeihen kaum das Beste, geschweige das
Gewöhnliche, und lieber
5 Noten zu wenig, als 5 zuviel. —
Du bist aber wahrscheinlich der erste,
der zu einem
Shakespeare solche Vorrede und zu einem Aristophanes
84,5
solche Noten macht; und doch setzt das eine das
andere wechselnd voraus.
— Ach wie nöthig wären mir im
Fortspinnen des 3 Theils scharfe
Urtheile über die 2 ersten, in Tadel und Lob!
Ich habe hier niemand — du jagst immer so sehr nach einem Rezen84,10
senten für mich; — Franz Horn, der in
Berlin über mich liest, würde von
der Windseite her, wo er nicht zu
kränklich-christlich-weich und lau um-
weht, etwas passen. — Sei so gut und
lasse durch Max bei Engelmann
fragen, welcher Buchhändlergelegenheit er denn den noch
nicht ein
gelaufenen Kometen
anvertraut, und lass’ ihm sagen, er möge doch
84,15
selber beschleunigen helfen. So hab’ ich leider
auch das neue Werkchen
deines herrlichen Vaters nicht erhalten; nur Perthes
Protestazion und
eines Ungenannten Reprotestazion in der
[Allgemeinen] Zeitung kenn’
ich. — Hier send’ ich dir ein Druckfehler-Register des
Kometen, das
blos deine gütige Hand aus einem unvermeidlichen
Imperialbogen zu84,20
einem Oktavblättchen beschnitten.
— Lebe wohl! Habe und habt
schönste Weihnachten. Solche
Eltern wie deine sind recht zu Gebern und
Empfängern dieser Feier gemacht. Grüße noch Sophie
Dapping.
Zitierhinweis
Von Jean Paul an Heinrich Voß. Bayreuth, 17. Dezember 1820 bis 18. Dezember 1820. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_127
Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen
K 1: H. Voß in Heidelb. 17. 18. Dez. * K 2 (von Karolinens Hand): Berlin JP. J 1: Voß S. 117×. J 2: Schneider Nr. 7. B: IV. Abt., VIII, Nr. 79. A: IV. Abt., VIII, Nr. 98? 84,23 Feier] Freude K 1
83,29 ff. Voß hatte geschrieben, der Verleger (Vieweg) der AristophanesÜbersetzung (des alten Voß) verlange von ihm (Heinrich) kurze Noten dazu und schon jetzt das ganze Manuskript; er müsse daher den ganzen Tag arbeiten und seinen Korrespondenten scheinbar untreu werden. Vermutlich hatte er auch bemerkt, er könne deshalb die versprochene Rezension des Kometen vorläufig nicht liefern, J. P. solle einen andern Rezensenten vorschlagen. 33 Dappingsches Ausbleiben: der Siebenkäs-Rezension, vgl. 22, 33f.†. 84, 11 Franz Horn: vgl. IV. Abt. (Br. an J. P.), VII, Nr. 244. 16f. Vgl. 76, 27†; Perthes’ Protestazion: vgl. Bd. VII, Nr. 602, 317 , 15–18 †.