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Korrespondenz

Von Jean Paul an Friederike Wilhelmine Caroline. Bayreuth, April 1823.

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[ Bayreuth, Anfang April 1823? ]
Allergnädigste Königin!

Dem helfenden Herzen Ihrer königlichen Majestät naht sich hier ein Mann, der ohne Verschulden beinahe ein halbes Jahrhundert lang unglücklich ist und welcher jetzo keinen andern Trost hat als den, bald das schmerzlichste Lager mit dem sanftern in der Erde zu vertauschen.

Als Kind von 26 Wochen lähmte mir ein Schlagfluß die linke Seite; das Sprechen wurde mir schwer, das Gehen ohne fremde Hülfe fast unmöglich. Dieses nie geheilte Unglück der Kindheit entzog mich doch nicht in spätern Jahren dem Studium der Theologie und der alten Sprachen. Besonders aber den neuern, der englischen, der französischen, spanischen, italienischen widmete ich mich mit einem Eifer, daß ich deren Professor geworden und in den Jahren 1801 bis 1803 und 1810 bis 1812 besuchte Schulen derselben halten konnte.

Aber seit zehn Monaten nehmen mir die Schmerzen eines Beinfraßes auch die letzte Quelle, zu leben durch Lehren, und meine vorige lebenslange Armuth steigt jetzt zu gänzlichem Untegrehen. Meine Gattin und meine sieben unerzognen Kinder stehen schon vor meinem Tode verarmt und verwaiset um mein Schmerzens Bett und nur ich habe noch Eine Hoffnung, das Grab, sie aber haben keine.

Aber doch bleibt mir und ihnen noch eine übrig, und sie ruht in dem weichen warmen hohen Herzen unserer Landes Mutter. Ihrer königlichen Majestät vertraue ich meine kurze Zukunft und die längere der Meinigen an und ich spreche meine Bitte nicht aus, weil ich weiß, daß sie in Ihrer schönen hohen Seele noch schöner ausgesprochen wird. Den Dank für die künftige Erhörung meiner Bitte bringt Ihrer Majestät voraus ein sterbendes Herz und die dann beglückten Herzen der Meinigen.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Friederike Wilhelmine Caroline. Bayreuth, April 1823. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_368


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955. Briefnr.: 372. Seite(n): 220-221 (Brieftext) und 402 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

K (Konzept): Berlin JP. 2 S. 4º. Zeilen etwas nach rechts ansteigend, was für die beginnende Augenerkrankung charakteristisch ist. Auf der ersten Seite oben gestr.: Nach-Nachlevana. / In Paris werden die Kinder schwächlich durch Säugen von den Müttern. 220,28 konnte.] danach gestr. Beigelegte Übersetzungen mögen einen schwachen Beweis meiner Bestrebungen geben. 221,6 Erhöhrung

Datiert nach dem folgenden.