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Korrespondenz

Von Jean Paul an Georg Andreas Reimer. Bayreuth, 14. Juli 1820 bis 15. Juli 1820.

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55,1
Baireut d. 14ten Jul. 1820

Vorgestern bin ich aus München wieder angekommen. Ich kann also
die Freude haben, — auf welche ich mich herzlich freue — Sie, mein
guter treuer Reimer, schon auf der Bahn, nicht am Ziele zu sehen; und55,5
der vorvorjährige Abend mit Ihnen soll bei mir mit längerem Abend
rothe wiederkehren. — Ich danke Ihnen für die zwei übersandten An
weisungen, wovon nur noch die zweite von 768 fl. zu realisieren ist. Sie
senden — in mehr als Einem Sinne als Gegenfüßler anderer Buch
händler — leichter Geld als Bücher; denn noch immer sind die nach55,10
gewünschten Hesperus-Exemplare der ersten und zweiten Abtheilung
blos auf dem Wege, folglich auf keinem guten Wege, sondern auf einem
chursächsischen.

15ten Jul.

Hier kommt die Vorrede zum zweiten Theile des Kometen. Die Neuig- 55,15
keit der komischen Einkleidung bestimmte mich, sie zu gleicher Zeit für
unser Buch und für das Morgenblatt auszuarbeiten und eiligst aus
Furcht eines Zuvorläufers mitzutheilen. Nun trägt die Redakzion
einiges Bedenken über die berliner Zensuraufnahme dieser Satire. Jetzo
sollen Sie und Ihre Freunde oder wärs zu machen, Ihr Zensor ent55,20
scheiden, ob die Vorrede dem „Kometen“, dessen Schweif wenigstens
keine politische Strafruthe ist, nicht etwa gar in seinem parabolischen
Umlaufe durch das lange Preußen hinderlich sei; oder man bestimme
wenigstens, was von ihr deßhalb aufzuopfern ist. Übrigens möge ein
Zensor bedenken, daß man das, was man zu einer satirischen Einkleidung55,25
benützt, nicht darum selber verspotte. Hab’ ich doch sogar den Magnetis
mus, den ich glaube und achte, mehrmals zu komischen Formen ge
braucht. — Ich bitte Sie in jedem Falle um die Zurücksendung des
Manuskripts. — Übrigens werden Sie, hoff’ ich, als Verleger nichts
gegen die Mittheilung des Aufsatzes einwenden, da sie dem Vertriebe55,30
nur helfen kann. Auch dem guten, mir immer treuen Cotta war ich für
die Entziehung eines so lange erwarteten Werkes diese Höflichkeit
schuldig. Das freudige Urtheil meines Freundes Voß schon über den
ersten Theil ist mir auch in Rücksicht Ihrer als Verlegers erfreulich.


Geh’ es Ihnen gut und immer besser! Mit alter Liebe55,35


Ihr Jean Paul Fr. Richter

N.S. Vielleicht ist es wol besser, die Zensuraufmerksamkeit auf diese56,1
an sich unanstößige Vorrede, die nur in einem Wochenblatte auffiele,
gar nicht besonders zu lenken? — Sie werden entscheiden.

Zitierhinweis

Von Jean Paul an Georg Andreas Reimer. Bayreuth, 14. Juli 1820 bis 15. Juli 1820. In: Digitale Neuausgabe der Briefe von Jean Paul in der Fassung der von Eduard Berend herausgegebenen 3. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe (1952-1964), überarbeitet von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/brief.html?num=VIII_77


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Textgrundlage
D: Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955. Briefnr.: 77. Seite(n): 55-56 (Brieftext) und 343 (Kommentar). Konkordanzen Druck-Digitale Edition

Kommentar (der gedruckten Ausgabe) Siglen

H: Berlin acc. ms. 1895. 80 (derzeit BJK). 4 S. 8°. K (z. T. von fremder Hand): Reimer 14, 15 Jul. B 1: IV. Abt., VIII, Nr. 41. B 2: IV. Abt., VIII, Nr. 52. 55,7 zwei] aus drei H 13 chursächsischen] aus sächsischen H 19 berliner] nachtr. H 21 die Vorrede] aus es H 24 von] aus davon H 26 sogar] aus selber H

Reimer hatte in B 1 gebeten, die am Schluß des Monats fälligen 80 Friedrichsdor mit 8 Tagen Sicht auf ihn zu entnehmen; er hoffe auf seiner Sommerreise J. P. zu sehen. In B 2 hatte er Wechsel auf Frankfurt über 768 fl. rh. = 80 Friedrichsdor geschickt; er habe gehört, daß J. P. nach München reise, und hoffe ihn Ende des Monats (Juli) dort zu treffen. 55, 6 vorvorjährige Abend: im Oktober 1818, s. Bd. VII, zu Nr. 481. 26–28 Den Magnetismus hatte J. P. z. B. in den „Unternacht-Gedanken“ im Morgenblatt 1819 und in dem magnetischen Gastmahl im 1. Bd. des Kometen (I. Abt., XV, 40ff.) als komische Einkleidung benutzt.